Der Plan für heute lautet einen „all out“ Test über 20 Min zu fahren. Normalerweise dient so ein Test am Anfang des Trainingslagers der Feinjustierung der Trainingsbereiche. Diesmal mache ich das allerdings nur weil ich schauen will ob ich mir tatsächlich noch weh tun kann, und die mentale Härte mitbringe um das ordentlich durchzuziehen. Falls nicht mache ich einen zweiten Versuch nach dem nächsten Ruhetag.
Ich fahre in Richtung Norden, ins Famara Gebirge, zunächst auf flacher Straße bei erstaunlich moderatem Gegenwind. Es ist zwar bewölkt und angenehm kühl, aber der Nord-Ost Passat Wind ist nicht so stürmisch wie die letzten Tage.
Nach einer halben Stunde Einfahren im G1 Bereich mache ich zum Aufwärmen zwei vierminütige EB Intervalle. Dabei fällt mir auf, dass ich das auch schon lange nicht mehr gemacht habe, absichtlich und kontrolliert was anderes als G1 oder G2 zu rollen. Die Intervalle gehen erstaunlich gut, der Ruhetag hat tatsächlich etwas Erholung gebracht.
An Arrieta vor fahre ich dann zunächst die LZ-1 weiter in Richtung Orzola, um wieder 15 Minuten im G1 auszurollen, kehre dann auf der Straße um und zurück zum Abzweig in Richtung Mirador del Rio. Hier biege ich auf die LZ-201 ein und starte den „all out“ Test auf ansteigender Straße.
Das knifflige an diesem Test ist, dass man eigentlich vorher schon wissen muss, was ungefähr rauskommen soll, denn man fährt die Leistung idealerweise eher gleichmäßig, und da fragt sich natürlich, welche Leistung? Der Zielwert für die EB Intervalle liegt bei 260 bis 270 Watt, also entscheide ich mich für grob 300 Watt.
Anfangs geht das auch ganz gut, dann wird die Strecke etwas wellig und ich muss mich ziemlich konzentrieren und viel schalten, damit die Leistung nicht zu weit nach oben oder unten ausschlägt. Die Schaltung funktioniert nicht perfekt, aber immerhin besser als vor dem Schaltzugwechsel. Kann ich gerade so mit leben.
Die ersten fünf Minuten sind erwartungsgemäß hart. Mein Maximalpuls bei der Leistungsdiagnostik an der Uni Giessen lag so niedrig wie noch nie, bei 172 Schlägen pro Minute. In die Nähe dieses Wertes müsste ich eigentlich im Verlaufe der 20 Minuten hinkommen.
Die zweiten fünf Minuten sind noch härter, auch das nicht ganz unerwartet. Der Puls liegt bei 165, aber ich merke schon nach 7 Minuten, dass das heute eng wird. Vielleicht sind die 300 Watt etwas zu hoch angesetzt? Ich kämpfe noch 3 Minuten. Klingt extrem kurz, fühlt sich aber elend lange an, dann breche ich bei 10 Minuten ab.
Das muss ich nochmal an einem anderen Tag mit 10 Watt weniger probieren. Anyway, ich fahre den Rest des Anstiegs bis zum Abzweig auf die LZ-203 nach Orzola in den flachen Teilen im G1, in den steileren Teilen im G2 Bereich.
Vom Abzweig bis Orzola geht es schön bergab, der Gegenwind hilft mir trotzdem immer im trainingswirksamen Bereich zu bleiben. Bis auf zwei enge Kurven kann man ganz gut Tempo aufnehmen.
Am Ortsschild von Orzola biege ich rechts ab und fahre auf der LZ-1 zurück, entlang der Küste, bis zum Abzweig zu der Cueva de los verdes. Dabei kann ich durch die Unterstützung des Windes schön locker mit hoher Trittfrequenz und hohem Tempo im G1 Bereich dahinrollen, und die Landschaft etwas genießen.
Am Abzweig zu der Höhle geht es wieder bergauf und ich fahre den Anstieg komplett im G2. Erstaunlicherweise fühle ich mich ziemlich gut. Klar, ist anstrengend, aber der „all out“ Versuch hat mich nicht leergesaugt. Jedenfalls reicht die Leistung um zwei Faltradfahrer zu überholen…
Am Abzweig zurück auf die LZ-201 beende ich das G2 Intervall, aber der Anstieg fordert mich an manchen, steileren Stellen trotzdem, nur fahre ich jetzt den Rest ohne bewusst einen bestimmten Trainingsbereich anzustreben.
Hinter Ye muss ich sowieso nochmal die vertraute 13% Steigung hochfahren, muss also kurz nochmal alles geben. Gestern hatte ich hier mit dem Auto zwei Radfahrer „hochgepusht“. Da man an der Stelle nicht überholen kann und die beiden offensichtlich etwas Stress hatten durch meinen, hinter ihnen fahrenden Corsa, haben sie offensichtlich nochmal ein paar Körner gefunden, und die Situation hat den beiden geholfen die Strecke zu meistern 😉
Ich überlege kurz wo ich hier jetzt auf flacher Strecke noch ein, zwei Stunden austrudeln könnte, aber da bietet sich eigentlich nichts an, deshalb fahre ich durch das Famara Gebirge. Wie gewohnt, durch Maguez, Haria, auf der LZ-10 die fünf Serpentinen hoch, vorbei am Mirador de los Helechos und der Sternwarte.
Da die Steigung immer nur kurz wirklich steil ist, und sonst meist um 6% liegt, kann ich gut dosieren, und während des Anstiegs schön vor mich hin denken. Nur einmal werde ich durch ein aggressives Grüßen von zwei Radlerinnen in meinen Gedanken gestört. Die brüllen mir förmlich ein „Hola“ entgegen. Na immerhin bin ich jetzt wach, was nicht schlecht ist, denn es folgt die Abfahrt nach Los Valles.
Hinter Los Valles ist die Strecke dann ein ganzes Stück recht flach, bevor die Strecke wieder ansteigt und berghoch nach Teguise führt. Hier hilft der Rückenwind dabei die Leistung in der Steigung zu dosieren.
In Teguise überlege ich ernsthaft zum Castello hochzufahren, die Beine fühlen sich recht gut an, denke aber von der Dosierung her wäre das heute zuviel. So drehe ich am Kreisel in Teguise, fahre wieder zurück, nochmal am Castello vorbei, zucke nochmal kurz, ziehe dann aber an der Einfahrt vorbei, und fahre stattdessen zurück nach Norden auf der LZ-10, und der LZ-404 durch Teseguite um wieder auf die LZ-1a zu gelangen.
Als ich die Straße erreiche, fahre ich zunächst noch ein Stück weiter nach Norden bis zur Tankstelle vor Guatiza, drehe dort im Kreisel, und segle schön mit Rückenwind die letzten Kilometer zurück. Die Idee vielleicht bis Arrieta zu fahren und dort einen Abschluss Cappuccino zu trinken verwerfe ich, das mach ich lieber nach dem Training mit dem Auto, und schreibe dann frisch geduscht und entspannt am Blog.
Abgesehen davon, dass ich den „all out“ Test nicht durchziehen konnte, ein ganz guter Tag. Die Dosierung scheint zu passen. Das linke Knie meldet sich zwar mit latentem Schmerz, der ist aber eher besser geworden als schlechter.
Morgen möchte ich etwas steigern, ein paar Höhenmeter mehr, dabei EB und G2 Intervalle.
Uwe Hasenau 8. Dezember 2021
Servus Guido,
es tut so gut wieder mit dir Alpenpässe von allen möglichen Seiten hoch zu fahren, dabei die schöne Gegend zu genießen und auf den vielen tollen Bildern einen glücklichen, meist zufriedenen Sportler zu sehen der sich zwischendurch an seinem Cappuccino erfreut!
Auf Lanzarote war ich mal 1989, es ist sehr schön dort,
Hier haben wir aber gerade überhaupt kein Wetter zum Rad-fahren.
Ich wünsche dir noch tolle Tage auf Lanzarote und bin sehr gespannt auf deine Aktivität im kommenden Sommer.
Gruß Uwe