Letzter Tag! Da ich gestern, nach der doch etwas anstrengenden Tour, ziemlich viel gegessen habe, ist mir heute nicht nach Frühstück und ich wandle die letzte Einheit nochmal in ein Nüchterntraining mit kleiner Carboloadingpause in Cotillo.
Durch das Auslassen des Frühstücks bin ich so zehn vor acht auf dem Rad. Der Wind weht klassisch aus Nordost, etwas stärker als die letzten beiden Tage. Die Abschlussrunde führt zunächst über die FV-2 nach Norden. Die Sonne geht auf, und obwohl es weniger als 15° C hat ist es sehr angenehm zu fahren. Morgens, wenn ich noch frisch bin, gegen den starken Wind zu fahren macht mir nichts aus. Da habe ich die letzten Jahre ganz gut gelernt mit umzugehen.
Da ich es am letzten Tag nicht übertreiben will, fahre ich nicht bis zur Costa Antigua, sondern biege schon weit vorher auf die FV-50 ab. Die führt schräg durch die Insel nach Norden bis kurz vor Antigua. Die Sonne scheint mir jetzt angenehm auf den Rücken, und es macht Spaß auf der einsamen Straße dahinzurollen.
Durch diese „Abkürzung“ werde ich wohl ca. zweieinhalb bis drei Stunden unterwegs sein bis ich mein Lieblingscafe erreiche, aber es ist ein wirklich motivierendes Ziel.
So funktioniert auch diese Nüchterneinheit sehr gut. G1 geht sowieso und auch die ganzen kleinen Anstiege, die ich wenn möglich im G2 fahre, wenn nicht halt mit dem was es braucht, gehen problemlos. Eigentlich könnte ich dieses Trainingslager sogar auf drei Wochen verlängern. Nicht, dass ich unausgelastet wäre, aber ich würde auch noch einen stärkeren Trainingsreiz verkraften.
Anyway, nachdem ich Antigua und Ampuyenta passiert habe, rollt es erst mal gut bis Tefir. Dann nimmt der Wind zu, einerseits auf Grund der Streckenführung, andererseits weil er zum Mittag hin meist etwas auffrischt. Dadurch werden die folgenden Steigungen auf teils sehr ruppigem Belag die FV-207 hinauf zur T-Kreuzung auf die FV-10 richtig anstrengend. So 300 Watt muss ich schon treten um überhaupt vorwärts zu kommen.
Aber auch wenn sich das gefühlt ewig hinzieht, sind es tatsächlich ja nur zwei, drei Kilometer die so gegen Wind und Gelände zu fahren sind. Dann wird man auf der FV-10 erst mal mit Rückenwind bergab geschoben.
Nach der Abfahrt geht es vorbei am heiligen Berg, Tindaya, und nach zwei kleinen Steigungen etwas Strecke gegen den Wind ist La Oliva erreicht. Hier biege ich ab nach El Cotillo.
Heute ist der erste Abschnitt von hier bis zum Pausenziel nicht frontal gegen den Wind zu fahren, dafür aber mit heftigem Seitenwind, so dass ich einige Kilometer recht schräg auf der Straße liege. Dabei macht sich der Wind offensichtlich einen Spaß daraus ab und zu auszusetzen, so dass ich einige heftige Schlenker ausgleichen muss. Aber die Autos alle mit Respektabstand überholen ist das kein Problem.
Trotzdem freue ich mich als die Straße endlich dreht und ich mit Rückenwind nach einigen wirklich flotten „angeschobenen“ Kilometern El Cotillo erreiche.
Die Sonne scheint, und zum Frühstück gibt es Spaghetti Bolognese und einen frisch gepressten O-Saft. Dieser Platz ist einfach herrlich. Aber nach einem Cafe con leche steige ich wieder auf‘s Rad um die wirklich letzten Kilometer dieses Trainingslagers in Angriff zu nehmen.
Wie bei meinem letzten Besuch hier fahre ich über Lajares nach Corralejo zur Nordspitze der Insel. Immer wieder schön, die Aussicht auf Lanzarote.
Jetzt habe ich nur noch einen wirklich ruppigen Abschnitt vorbei an Corralejo, dann geht es nur noch auf brauchbarem Belag zurück. Dieser kleine Abschnitt geht aber schnell vorbei und ich erreiche die FV-1. Der Wind steht nicht ganz optimal, kommt etwas zuweit aus östlicher Richtung, trotzdem reicht es um die Beine fliegen zu lassen.
Ich genieße den ersten Streckenabschnitt durch die Sanddünen sehr. Links von mir das Meer und der Strand mit aberdutzenden Kitesurfern, deren Segel wild im Wind durcheinander hüpfen. Wo kann man hier „Gefällt mir“ klicken. Mit Geschwindigkeiten im hohen vierziger oder fünfziger Bereich fliegt das Roubaix SL4 nach Süden.
Mittlerweile habe ich den sandigen Abschnitt verlassen und die Felsküste dominiert das Bild. Am zweiten oder dritten kleinen Anstieg überholt mich ein Radfahrer. Hm, das geht also auch andersrum. Er hat sich aber etwas angestrengt um mich zu erreichen und fährt nun nicht richtig weg. Es scheint als ob mit mir zusammenfahren will um wechselseitig etwas Windschatten zu geben. Will ich aber nicht.
So fahre ich recht aufrecht um, ohne meinen Trainingsbereich zu verlassen, etwas Abstand zu halten. Es scheint auch so als ob er wegfahren könnte, dann lässt er aber leider nach. Dann halt umgekehrt, ich fahre vorbei und trete etwas mehr als die geplante Leistung. Er hängt sich hinten dran.
Da ich nicht will, dass er wieder überholt und wir abwechseln, sehe ich zu immer wenigstens niedriges bis mittleres G2 zu fahren. Macht Spaß und er überholt auch nicht. Durch die Pause gehen die Beine sowieso gut, so dass wir so bis Puerto del Rosario fahren. Hier gibt es einen Abschnitt wo die Umgehungsstraße nach Westen dreht und etwas ansteigt. Er bleibt dran.
Dann plötzlich macht es Knack und mein rechter Auflieger fliegt davon. Das gibt‘s doch nicht. Ich muss anhalten, er hält auch an. Wir suchen die Teile zusammen, ein netter Spanier wie sich herausstellt. Ich bin etwas perplex, dass so ein dickes Aluteil einfach so abbricht. Die Feder hätte ich gerne noch gefunden, aber die ist weg. Mist.
Anyway, weiter geht‘s, halt mit einem Auflieger. Ein Stück fahren wir noch gemeinsam, bzw. er in meinem Windschatten, dann bedankt er sich überschwenglich für die Führungsarbeit und verabschiedet sich. Dabei wollte ich doch einfach nur meinen Trainingsbereich fahren…
Nun habe ich etwas Zeit mich über den Vorfall von eben zu ärgern. Das war theoretisch eigentlich ganz schön gefährlich. Vor allem wundert es mich, dass dieses Teil nur 1500 Kilometer gehalten hat. Ich hatte es vor dem Trainingslager noch erneuert. Das kann ich nun auf meine eh schon lange Reklaliste setzen. Im Kopf gehe ich schon mal die Alternativprodukte durch, denn beim RAAM wäre sowas ja wirklich Mist und würde mich Zeit kosten.
Da ich etwas sauer vor mich hin grummele, vergehen die Kilometer fast unbemerkt und auch der letzte längere Gegenwindabschnitt ist überwunden. Da ich mit einem Auflieger recht schief auf dem Rad hänge lege ich beide Unterarme auf den Lenker, was aber nur bei gutem Straßenbelag praktikabel ist, denn meinen Ulnarisnerv muss ich ja noch schonen.
Aber auch so fliegen die letzten Kilometer gut dahin. Am Abzweig zum Hotel muss ich mich nochmal einen Kilometer gegen den Wind durchsetzen, dann kann ich entspannt die letzten Meter dieses Trainingslagers ins Las Playitas Resort rollen.
Ordentlicher Abschluss würde ich sagen, vielleicht in Teilen etwas zu intensiv gefahren, aber insgesamt eine schöne Runde mit etwas unerwarteter Hardwareaction.