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Ultracycling und Alpenpaesse

Akklimatisationsphase Wüste Tag 9

Heute ist der letzte Trainingstag in der Wüste. Irgendwie geht es mir wieder besser. Vielleicht liegt es an den aufmunternden Kommentaren und Emails die ich bekommen habe (dafür herzlichen Dank!), ein bisschen aber wohl auch an der Tatsache, dass heute wieder etwas Training auf dem Programm steht.

Es fällt mir erstaunlich schwer so wenig zu fahren, jedenfalls so lange ich bequem im Hotelzimmer sitze. Aber ich weiß aus Erfahrung, dass so zwei Wochen mit reduziertem Training (oder gar ohne jegliches Training z.B. nach einem Sturz) immer zu einem besseren Leistungsniveau geführt haben. Das Tapering ist ja auch eine Selbstverständlichkeit im periodisierten Trainingsplan.

Trotzdem fehlt mir mal eine längere Einheit über fünf Stunden. Ab Stunde fünf macht immer irgendwas klick bei mir. Und vor allem nach dem Training fühlt sich das extrem gut an, unabhängig von den Trainingsinhalten. Beim Fitnesstraining ohne Rad nehme ich mich auch zurück. Ich will einfach nichts mehr riskieren und mir jetzt noch irgendwas zerren, oder verrenken. Ohne Krafttraining fühle ich mich immer seltsam unwohl [leider nur wenn ich richtig im Training bin, nach drei Wochen hat sich der Körper perfekt an das „faul sein“ gewöhnt 🙁 ]

Morgens fahre ich aber erst mal wieder ins Starbucks. Hier kann ich eigentlich ganz gut schreiben, nur schade, dass es so kalt ist hier drin, aber Fleecejacke und Mütze schützen mich etwas.

Heute bleibe ich nicht ganz so lange, aber da ich wieder recht spät aufgestanden bin, bin ich erst zur Mittagszeit wieder im Hotel. Auf Essen gehen habe ich keine Lust, will auch nicht schon wieder im Kalten sitzen. Hunger habe ich eh nicht so wirklich. Der Kühlschrank ist auch leer, so trinke ich ein Ensure Complete, ziehe mich um, stecke noch ein Ensure ins Trikot und nehme zwei Trinkflaschen mit Wasser mit. Für zwei Stunden radeln sollte das ja wohl reichen.

Ich fahre die alte 111, die führt genau parallel zur neuen 111 in Richtung El Centro. Der Belag dort ist ganz ok, habe heute nämlich keine Lust auf Querfugen.

Ein paar G2 Intervalle darf ich heute fahren. Als ich die Radhose vorhin angezogen habe musste ich feststellen, dass die Gore Bib entweder beim Waschen eingelaufen ist, oder mein Oberschenkelumfang gewachsen ist, das erste Intervall läuft so gut, dass ich letzteres vermute. Beim zweiten Intervall hat es sich allerdings schon wieder normalisiert.

Die Straße verläuft in Richtung Süden, der Wind kommt aus Westen (für’s RAAM wäre das ein Traum), und zwar so stark, dass es mir unter die Brille weht. Vielleicht liegt es auch an der Temperatur der Luft. Es ist knapp über 40° C. Fühlt sich allerdings noch ok an.

Hier gibt es einige wirlich interessante landwirtschaftliche Fahrzeuge, Captain Future beim Zuckerrübenanbau

Hier gibt es einige wirlich interessante landwirtschaftliche Fahrzeuge, Transformers beim Zuckerrübenanbau

Nach einer knappen Stunde immer geradeaus fahren ist die alte 111 zu Ende und ich muss auf die neue 111 mit recht lebhaftem Verkehr fahren oder in Richtung Westen abbiegen. Ich mache letzteres, allerdings ist die Straße, selbst für amerikanische Verhältnisse sehr schlecht. Dabei bin ich gerade im G2 Intervall, also auch mit etwas Tempo unterwegs, was sich aber schnell erledigt, denn nun fahre ich genau gegen den Wind und der bläst ganz schön heftig.

Die Straße geht aber gar nicht, es gibt keine Spur auf der ich mich durchmogeln könnte. Es sieht immer so aus, als ob die Staße nach 100m besser werden würde, aber das ist eine wandernde Fatamorgana. Und als die Straße nur noch aus treibenden Asphaltschollen besteht (sieht aus wie die Arktis im Sommer, nur schwarz) gebe ich aus Angst ums Material nach und drehe um.

Das ist der Abschnitt der Strecke BEVOR es übel wird!

Das ist der Abschnitt der Strecke BEVOR es übel wird!

Nun muss ich allerdings mit Rückenwind G2 fahren, so dass ich mit 40 bis 45 Km/h über diesen üblen Straßenbelag brettern muss. Es fühlt sich an als ob ich einen Presslufthammer in der Hand halte und ein Haus abreiße. Zum Glück habe ich bald wieder die 111 erreicht und fahre nun in Richtung Norden zurück nach Brawley.

Ich habe diesmal die Ersatzlaufräder drauf, einfache Mavic Ksyrium. Und ehrlich gesagt fühlen die sich genauso schnell an wie die Zipp 808 oder die Lightweights. Der Unterschied ist glaube ich nicht wirklich sehr groß. Es wäre sehr interessant das mal unter kontrollierten Bedingungen auszutesten.

Für’s RAAM ist mir aber der Wohlfühlfaktor auf dem Rad sowieso das Wichtigste. Ganz perfekt sind aber beide Räder nicht. Ich mache mir etwas sorgen ob ich nicht zu tief sitze. Zwar sitze ich deutlich höher als  ein Zeitfahrer, aber auch ein ganzes Stück niedriger als die Konstrukte die ich so in diversen Büchern gesehen habe. Dafür kann man innerhalb kürzester Zeit mit Shermers Neck bezahlen. Da habe ich echt keinen Bock drauf. Zur Sicherheit hatte ich mir aber vorgestern noch Shanes Neck Brace ins Hotel nach Oceanside bestellt. Eine Alternative zu meiner auflbasbaren Halskrause. Also die Sitzposition an sich ist super, aber ist sie super für das RAAM? Ich werde es in wenigen Tagen wissen…

Was mir auch wieder auffällt, irgendwie ist die Sitzfläche rechts nicht perfekt. So tief drin, Muskel- oder Sehnenansatz fühlt es sich etwas unangenehm an. Wenn es so bleibt, kein Problem nur etwas schade, wenn es aber schlimmer wird, könnte das problematisch werden. Hier bleibt nur hoffen.

Kurz vor Brawley muss ich an einer Ampel halten. Das ist die Ampel wo der Schäferhund wohnt, der immer etwas giftig reagierte wenn ich vorbeifuhr, und dann als er die Chance hatte mich zu reißen, weil der Zaun auf war, einfach auf der Straße stehengeblieben ist. Diesmal komme ich aus einer anderen Richtung und muss direkt neben dem Zaun stehen bleiben. Die Wasserflaschen sind leer, Waffen habe ich also keine mehr, aber er bemerkt mich gar nicht. Obwohl der Wind aus meiner Richtung weht nimmt er mich nicht wahr. Ich bin fast etwas enttäuscht über soviel Ignoranz. Aber natürlich auch froh, dass niemand mit fletschenden Zähnen auf mich zuläuft.

Das Zuhause von "Wolfgang". Ich habe das Hundchen so getauft nach dem Sohn von Eddie van Halen

Das Zuhause von „Wolfgang“. Ich musste dem Hund einfach einen deutschen Namen geben 🙂

Im Hotel überlege ich, ob ich was esse oder erst versuche beim Autoteilehändler was zur Befestigung der Outdoorspeaker zu finden. Ich lege mich kurz auf ’s Bett zum ruhen, und schlafe sofort ein. Erst um halb sieben wache ich auf. Offensichtlich hat mich die Temperatur doch etwas müde gemacht.

Na egal, ich fahre erst mal zu diversen „Auto and Truck Parts“ Läden. Aber da gibt es nichts brauchbares. Der hiesige Baumarkt hat schon zu. Ich hole mir im Vons (die haben eine etwas andere Auswahl an Lebensmitteln und sogar ein bisschen Bio) meine $4 Portion Obst und etwas O-Saft, dann esse ich in dem Sushi Restaurant wo ich im März schon mit Marco war zu Abend. Die Portion ist viel zu groß, ich lasse die Hälfte zurückgehen. Der Fressflash von vorgestern war zum Glück eine einmalige Sache.

Auf dem Weg zurück ins Hotel ist die Musik auf „Classic Vinyl“ und „Ozzy’s Boneyard“ gerade so gut, dass ich nochmal nach El Centro fahre um zu schauen ob dort die Baumärkte noch auf haben. Aber einer hat schon eine Stunde zu, und der andere schließt genau in dem Moment als ich dort ankomme. Schwach, wie könnt ihr um 22 Uhr schon den Baumarkt schließen…

Naja, nochmal schön den Imperial Highway gecruist, Rush (Tom Sawyer) mit 100 Phon, und auch der Hairmetal Sender bringt noch einige geile Songs.

Wieder im Hotel packe ich noch etwas zusammen, morgen früh breche ich auf in Richtung Oceanside. Eigentlich ist es da viel zu kalt, aber ich kann endlich anfangen das Followcar final einzurichten und die Jungs kommen am 4. und am 7.

Die vorletzte PreRAAM Phase geht zu Ende. Ich bin schon ganz schön weit gekommen. Ein paar Probleme gilt es noch zu lösen, und die Tage bis zum 10. werden nochmal anstrengend, aber am nächsten Dienstagmorgen werde ich dann hoffentlich Zeit haben nervös zu werden 🙂

 

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2 Kommentare

  1. Helga 4. Juni 2014

    Hallo Guido,

    ich bin die Freundin von Thomas ich finde das super was du machst und super das mein Tom dabei ist.
    Ich wünsche Dir ganz viel Erfolg, das alles so verläuft wie Du es vorhast und wenn ich so in deinem Forum lese bin ich hin und weg. Einfach klasse…
    Alles erdenklich Gute und ich fiebere mit Euch.

    Lieben Gruß Helga

    • Guido 4. Juni 2014

      Hallo Helga,

      danke für den netten Kommentar, ich bin echt froh, wenn Tom und die anderen erst mal alle hier sind. Wenn wir es an die Startlinie schaffen, dann werden wir alle (vielleicht bis auf mich ab Tag 3…) viel Spaß haben hier!

      Grüße aus Oceanside

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