steilberghoch

Ultracycling und Alpenpaesse

Trainingslager Teneriffa Tag 13

Für heute musste ich mich entscheiden, ob ich im äußersten Nordwesten im Teno Gebirge ein paar richtig steile Strecken fahre oder im äußersten Nordosten im Anaga Gebirge eine recht spektakuläre Strecke quasi auf dem Bergkamm.

Da die Wettervorhersage etwas mehr Bewölkung vorhersagt entscheide ich mich für das Teno Gebirge. Im Nordosten werde ich eher Bedingungen wie auf der TF-24 vorfinden, so dass das bei nicht perfektem Wetter gleich wieder so ein Kälteabenteuer wird. Da habe ich keine Lust drauf. Die Strecke über die TF-436 ist spektakulär, die habe ich ja teils schon mit dem Auto erkundet, allerdings habe ich etwas Respekt vor den extremen Steigungen.

Aber genau an denen will ich mich auch ein bisschen fordern heute. So fahre ich mit dem Auto bis Tamaimo und steige erst dort auf’s Rad um mir die Autobahnfahrt zu ersparen. Zunächst geht es dann auf der TF-82 aus dem Ort raus, bergauf auf schlechter Straße nach Santiago del Teide.

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So kann ich mich gleich etwas aufwärmen für die nun folgende Tortur. In Santiago del Teide geht es dann links ab auf die TF-436. Und gleich geht es richtig heftig steil berghoch. Mehrmals erreicht die Steigung 15% und mehr. In den Serpentinen hilft, trotz meiner Bergübersetzung, nur der Wiegetritt.

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Die Straße ist schmal, so dass kaum zwei Autos aneinander vorbeikommen. Zum Glück ist dieser erste Abschnitt nur wenige Kilometer lang, dann geht es erst mal sehr sehr steil, aber auch sehr sehr schön bergab. Einfach eine spektakuläre Straße. Nur gut, dass ich sie bergab und nicht bergauf fahre, denn ich will ja bis Garachico über die TF-82 wieder zurückfahren, so dass mir die brutale Steigung bergauf erspart bleibt heute.

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Allerdings geht es in Masca, wo die Abfahrt zunächst zu Ende ist auf der anderen Seite wieder berghoch, ich bin gespannt wie das zu fahren ist.

Anfangs geht es recht moderat, jedenfalls im Verhältnis zur gerade gefahrenen Abfahrt, bergauf. Kein Vergleich jedoch zu den Steigungen an den Teide Auffahrten. Die sind dagegen flach.

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Nachdem ich zunächst positiv von der noch machbaren Steigung überrascht bin, zieht die Straße dann aber doch deutlich auf 17% und etwas mehr (laut Garmin Radcomputer) an. Und dieser Abschnitt ist gar nicht so kurz, dann ist aber ein Aussichtspunkt auf einem kleinen Übergang erreicht und auf der anderen Seite geht es wieder bergab.

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Hier kommen mir erstmals ein paar Radfahrer für heute entgegen. Der Verkehr ist auch insgesamt sehr moderat, da habe ich heute bis jetzt Glück.

Hier auf dieser Seite wird es gleich etwas frischer und die Wolken hängen tiefer, bzw. haben sich am Berg festgesetzt. Noch fahre ich im Trikot, ohne Jacke. Die Abfahrt ist recht steil, wird jedoch auch bald wieder von einem, teils sehr steilen, Anstieg gefolgt. Allerdings gibt es immer „normale“ 10 – 12% Steigungen an denen man sich von den 15 bis 17% erholen kann.

Zur Seite gibt es immer wieder spektakuläre Ausblicke auf die zerfurchten Klippen. Auch am höchsten Punkt, der wieder von einem Aussichtspunkt gebildet wird. Die Wolken sind jetzt allerdings schon etwas dichter, so dass man nicht mehr ganz so viel sieht.

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Auf der anderen Seite sind die Wolken aber noch hoch genug. Es ist aber doch recht kühl, so dass ich meine Jacke anziehe und die sehr schöne Abfahrt genießen kann. Zunächst nur wenige Serpentinen, dafür schön sanfte Kurven, der Belag ist trocken und für kanarische Verhältnisse recht gut, so macht das richtig Spaß.

Nachdem es etwas am Berg entlang geht, fährt man in sanften Serpentinen durch die Ansiedlungen immer weiter hinunter. Ein schöner Rhythmus stellt sich ein, sehr geil, so macht Radfahren Spaß! Nachdem die Anstiege einfacher zu bewältigen waren als gedacht, ist die schöne Abfahrt ein tolles Extra.

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Schließlich komme ich in Buenavista an und fahre über die TF-42 weiter in Richung Osten. Noch immer geht die Straße, wenn auch nur leicht, bergab. Ich kann die Leistung gut dosieren und man hat subjektiv das Gefühl, es geht leicht.

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Und so erreiche ich Garachico schneller als gedacht. Eigentlich lädt der sehr schöne Ort zu einer Cafepause ein, allerdings ist das schon noch recht früh. Ich beschließe weiter bis Icod zu fahren und dann zu schauen, ob ich tatsächlich über die TF-82 wieder zurück fahre, oder ob ich vielleicht einfach wieder umkehre und dieselbe Strecke zurückfahre, denn die ist verkehrsarm und schön, auf der TF-82 ist immer viel Verkehr. Nur die sehr steile Strecke von Masca hoch, zurück nach Santiago del Teide, schreckt mich etwas ab.

Auf dem Weg nach Icod muss ich nun zunächst durch eine „Lawinengallerie“ und dann durch einen Tunnel, den ich eigentlich nicht fahren darf. Ich mache es trotzdem. Und dann ist auch bald Icod erreicht. Ab hier kenne ich die Strecke ja, und weiß, dass die eigentlich viel zu verkehrsreich ist und die TF-82 zurück da auch nicht so spaßig ist. Deshalb beschließe ich tatsächlich einfach den gleichen Weg zurück zu nehmen und in Garachico eine kurze Pause einzulegen. So kann ich mir den interessanten Ort anschauen und mich etwas auf die kommende Anstrengung vorbereiten.

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An der Einfahrt zu einer Bananenplantage kehre ich um und fahre zurück durch den verbotenen Tunnel und die Lawinengallerie die acht Kilometer bis Garachico. Garachico liegt an einer etwas wilderen Küste, das Meer brandet heftig an die etwas zerklüftete Küste, vor der Stadt liegt ein markanter Felsen im Meer, sehr sehenswert.

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Ich mache Pause in einem kleinen Restaurant und sitze mit Blick auf’s lebhafte Meer. Fast wie Urlaub. Ich esse sogar richtig zu Mittag. Dann geht es aber wieder auf’s Rad. Es gibt einen relativ langen mittelsteilen Anstieg, einen kurzen sehr steilen Anstieg und den heftigen Anstieg am Schluss von Masca nach Santiago del Teide zu bewältigen.

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Den ersten etwas längeren Anstieg, der ja sehr moderat beginnt versuche ich komplett im G2 zu fahren. Ab Buenavista zieht die Steigung etwas an, um dann ab El Palmar deutlich zuzunehmen. Ab hier wird es auch ziemlich kühl. Für die Leistung ist das aber nur gut.

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Nach ca. einer Stunde und zehn Minuten komme ich oben an. Die Wolken haben sich hier etwas verdichtet. Es wird ziemlich kühl, aber ich lasse die Jacke aus, denn nach einer Zwischenabfahrt geht es jetzt ja gleich wieder steil berghoch.

Die Wolken hängen zwar am Berg, aber die Straße ist nicht besonders feucht, so dass die Abfahrt kein Problem darstellt. Der zweite Anstieg geht trotz einiger steiler Abschnitte gut, und ich komme zum zweiten mal am Aussichtspunkt auf Masca an. Ich will ein Foto machen und bleibe kurz stehen, beim Losfahren rutsche ich vom Pedal ab und haue mir das irgendwie in die Wade, Au! das tut weh. Verdammt, der Schmerz durchzieht den ganzen Unterschenkel, ich kann erst gar nicht auftreten. Und das vor dem heftigsten Anstieg überhaupt, hoffentlich kriege ich da Power auf’s Pedal.
Ich ignoriere den Schmerz und versuche in der Abfahrt ordentlich mitzutreten, so dass er sich etwas verteilt und dann hoffentlich weggeht.

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Ein paar Fotos mache ich auch noch, und am tiefsten Punkt drücke ich eine Runde ab. Ich habe ziemlichen Respekt vor den kommenden vier oder fünf Kilometern. Mit dem Auto musste ich oft in den ersten Gang runterschalten…

Es geht schon gleich richtig steil berghoch, an einem Parkplatz, der genau über Masca liegt flacht es aber nochmal ab. In diese Richtung habe ich bis jetzt noch keinen Radfahrer gesehen, das sollte mir vielleicht zu denken geben.

Die nächsten zwei Serpentinen gehen noch, dann wird es böse. 15%, 17% sehe ich noch auf dem Garmin, dann schaffe ich es nicht mehr drauf zu schauen. In und kurz nach der Serpentine ist es jedesmal sehr sehr steil, dann kommt die nächste Serpentine und es flacht etwas ab, man kann sich bei 12% oder 13% oder auch mal 15% „erholen“.

Womit ich irgendwie gar nicht gerechnet hatte war der Gegenwind, und zwar immer an den steilen Stellen, da die meist in die gleiche Richtung zeigen. Die Steigung ist wirklich heftig, es geht natürlich nur im Wiegetritt und auch nur wenn ich alles gebe. Ich habe das Gefühl, ich schaffe es immer gerade noch so bis zur nächsten etwas flacheren Stelle.

Aber irgendwie schraube ich mich da hoch. Fotos kann ich kaum machen, dafür muss ich zu sehr kämpfen. Seltsamerweise macht es tatsächlich Spaß. Dabei bin ich für so brutal steile Anstiege einfach nicht gebaut (oder einfach nur zu schwer).

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Ich habe schon über die Hälfte des Anstiegs hinter mir, als an einer Kurve ein ziemlich hübsches Mädel gerade ihren Freund fotografiert der am Straßenrand posiert. Ich kämpfe gerade wieder einen sehr steilen Abschnitt hoch, sie schaut auf und meint nur „Wow!“. Ihr Freund guckt Böse. Für die nächsten 20 Meter gehen die Beine mit doppelter Power. Unglaublich welche Kräfte ein einziges anerkennendes Wort freisetzen kann.

This girl made my day! Ich werde fast leichtsinnig, es flacht etwas ab und das Ziel scheint fast erreicht, da holt die Straße vor einem Aussichtspunkt nochmal richtig aus. Mit aller Kraft wuchte ich mich da hoch. Auch um die Kurve herum bleibt die Straße noch ein ganzes Stück steil, dann endlich ist aber der höchste Punkt erreicht. Wie geil! Ich habe es geschafft.

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3,91 Kilometer mit 431 Höhenmetern laut Radcomputer. Eigentlich nur 11% im Schnitt, aber hat sich wegen den sehr steilen Abschnitten schon heftig angefühlt und immerhin 27 Minuten gedauert.

Nun geht es nochmal kurz steil bergab bis hinein nach Santiago del Teide, dann etwas länger und weniger steil, aber auf schlechter Straße, hinunter nach Tamaimo. Hier beende ich meinen Radtag. Hatte es mir mit den brutalen Steigungen schlimmer vorgestellt, für meine Knie und den Oberschenkel hat es aber auch gereicht.

Wieder ein sehr schöner Tag. Nicht ganz so gutes Wetter wie gestern aber trotzdem schön. So langsam fängt es an mir hier zu gefallen…

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2 Kommentare

  1. Thomas Wankelmuth 16. Dezember 2014

    Hallo Guido,

    schöner Bericht, was hab ich 2012 da geflucht an diesen 3 kurzen aber steilen Anstiegen. Die Abfahrt nach Masca war die schlechteste Strasse die ich auf Teneriffa gesehen hatte, wurde da neu asphaltiert?

    Gruss Thomas

    • Guido 16. Dezember 2014

      Hallo Thomas,

      die Straße von Santiago del Teide bis Masca hatte einen sehr guten Belag, die ist dann sicherlich neu asphaltiert worden. In die andere Richtung war der Belag auch ok, die üblichen kleinen Risse, aber gut zu fahren.
      Ja die Anstiege sind heftig zum Glück habe ich mit meiner 36-32 Übersetzung immer etwas Spielraum. Aber 5, 6 Kg weniger hätten die Sache sicherlich einfacher gemacht 🙂

      Guido

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