steilberghoch

Ultracycling und Alpenpaesse

Tag 50 Portree – Scalpay

Wetter: morgens Regen, 7°, Nachmittags öfter sonnig, 15 bis 8°
Tageskilometer: 119
Gesamt zurückgelegte Kilometer: 4270
Tages-Fahrzeit :5:53 h
Gesamte Fahrzeit: 223:07 h
Durchschnittsgeschwindigkeit: 20,2 km/h
Tageshöhenmeter: 1692
Gesamt Höhenmeter: 47200
Maximale Steigung 14%
Maximalpuls: 165
Durschnittliche Pulsfrequenz: 130

Weil es mit den Fähren sonst nicht passt und ich natürlich gerne auch den nördlichen Teil vonSkye erkunden will, fahre ich schon um sechs Uhr los. Das Wetter ist zunächst ganz ok, es regnet ein bisschen, und die erwartete Unterstützung des Rückenwindes macht sich nicht so sehr bemerkbar, da es doch ein paar Höhenmeter zu bewältigen gilt.



Die erste Sehenswürdigkeit hat sich leider in eine Wolke eingehüllt. Der „Old man of Storr“ ist ein 50m hoher Fels, der von weiteren kleineren Felsnadeln umgeben ist. Schon von weitem, wenn man auf Portree zufährt kann man diese Steinformation sehen, jetzt fahre ich ganz nah dran vorbei, sehe allerdings kaum was…


Anyway, ab und zu halte ich für einen Fotostopp, ansonsten muss ich sehen, dass ich einen Schnitt deutlich über 20 fahre um die Fähre rechtzeitig zu erreichen. Wenn ich die verpasse, kostet mich das zwei Tage, weil die Anschlussfähren so blöd liegen.


Es fängt stärker an zu regnen, aber ich hoffe, dass es wieder aufhört und verzichte auf die Regenhose. Die nächste Pause gibt es am Kiltrock, einer mächtigen Klippe, die man von einem gut zu erreichenden Aussichtspunkt betrachten kann. Der Wind scheint hier irgendwo drüber zu blasen, so dass es eine Untermalung mit echter „Naturmusik“ gibt. Das etwas dunkle Wetter passt gut zur Szenerie.


Es kommen doch einige Höhenmeter zusammen, so dass es mir nicht leicht fällt den Schnitt hoch zu halten. Ich habe mich für den langen Weg um die Nordspitze herum entschieden, so dass die Zeit knapp kalkuliert ist, und ich ein ganzes Stück gegen den Wind fahren muss.



Als ich die Nordspitze erreiche und die Straße so langsam gegen Westen und Südwesten dreht wird der Regen heftiger und der Wind etwas stärker, und nachdem ich einen Hügel umfahren habe und jetzt die Ostseite südwärts fahre, ist plötzlich ein komplett anderes Wetter. Hier herrscht richtiger Sturm, es schüttet in Strömen, und bevor ich überhaupt auch nur anhalten kann um die Regenhose anzuziehen, ist alles klatschnass. Wow, was ist das denn?

Ich habe noch dreizehn Kilometer zu fahren und weniger wie eine Stunde Zeit. Normalerweise kein Problem, aber jetzt wird’s richtig hart. Der Wind peitscht mir den Regen ins Gesicht, es geht richtig zweiprozentig den Berg hoch, und ich komme keinen Meter vorwärts. Die Zeit rinnt davon, und als es noch zehn Kilometer zu fahren sind, kann ich die Fähre sehen, die auf gleicher Höhe in den Sund einfährt. Das wird knapp. Ich gebe wirklich alles, aber irgendwann lassen die Kräfte nach, und es geht immer wieder steil berghoch, der Wind peitscht unablässig ohne Gnade, ich fluche erst, dann schreie ich den verdammten Wind an, dann lassen die Kräfte völlig nach und es bleibt nur ein wütendes Grunzen übrig.

Irgendwann habe ich mich, zumindest nach Kilometerzähler recht nah an Uig, den Fährhafen herangekämpft, aber es kommt immer und immer wieder die nächste Steigung. Die Fähre ist schon nicht mehr zu sehen, und der Frust überkommt mich, denn zwei wertvolle Tage mit Warten zu vebringen, nur weil ich die Fähre um vielleicht zehn Minuten verpasse, das wäre wirklich ärgerlich.

Mit den letzten Kräften nehme ich eine heftige Steigung und hoffe, dass es danach nur noch bergab runter zum Fährhafen geht. Als ich oben angekommen bin, sehe ich, dass die Straße offensichtlich am nächsten Hügel wieder steil bergauf verläuft. Ich hatte mich wohl verschätzt. Am liebsten würde ich mein Fahrrad in den Graben werfen…

Ich fahre aber natürlich trotzdem weiter, vielleicht hat die Fähre ja Verspätung. Da ich keine Regenhose anhatte, sind mittlerweile auch die Füße komplett durchnässt und eiskalt, denn das Wasser scheint von oben durch Schwerkraft und Kappilarwirkung seinen Weg in die Schuhe zu finden.

Und dann sehe ich, dass der Anstieg gar nicht mehr zu fahren ist, sondern der Fährhafen hinter einem Hügel nicht zu sehen war, und die Straße tatsächlich steil zum Hafen abfällt. So gebe ich nochmal richtig Gas, und habe noch fünf Minuten, dass Ticket zu besorgen und an Bord zu kommen.

Als ich die Fähre betrete, überkommt mich trotz komplett durchnässter Klamotten, und nassen und kalten Füßen sowas wie ein Glücksgefühl. Wäre diese Schinderei umsonst gewesen hätte ich mich echt geärgert.

Jetzt heißt es erst mal aufwärmen. Erst gibt es Full Scottish Breakfast und dann eine halbe Stunde lang ununterbrochen heißen Tee. Den Rest der Zeit verbringe ich mit dem Versuch auf der Toilette meine Strümpe und Schuhe trocken zu fönen. Immerhin schaffe ich es den Zustand von „völlig durchnässt“ zu „nass“ zu ändern. Was erstaunlicher Weise dem ersten Eindruck nach einen Unterschied zu machen scheint. Nach drei Minuten sind die Füße aber wieder kalt, so dass ich endlich auf’s Fahrrad muss, um wieder warm zu werden.


Von Lochmaddy auf North Uist, sind es nur so zwanzig, dreißig Kilometer bis zur nächsten Fähre nach Harris. Aber die Fähre nach Harris selbst landet zu weit nördlich, so dass ich südwärts und wieder zurück hätte fahren müssen um den Sound of Taransay zu sehen. Hin und zurück macht keinen Spaß, und so kriege ich auch noch was von North Uist mit. Und ich bereue die Entscheidung nicht, denn diese paar Kilometer sind fantastisch. Hier habe ich das erste mal auf dieser Reise, dieses Gefühl der Weite, das ich bis jetzt nur aus Lappland kenne. North Uist ist mehr eine Inselgruppe, wie eine Insel, die einzelnen Inseln sind mit Dämmen oder Brücken verbunden.


Das plötzlich gute Wetter und der Rückenwind, machen die Fahrt besonders leicht, und so kann ich die herrliche Natur in vollen Zügen genießen. Auch habe ich den Strümpfen und den Schuhen offensichtlich genug Wasser entzogen um die Füße durch die Bewegung wieder warm zu kriegen.





Leider ist die nächste Fähre zu klein, und es gibt kein Bordcafe, sondern nur einen Automaten mit Tee und Schokoriegeln. Auch kann ich meine Trockenfönaktion nicht fortsetzen, so dass ich in den nassen Klamotten doch recht schnell wieder kalt werde. Anyway, die Überfahrt ist trotzdem schön.



In Harris angekommen geht es erst Westwärts, etwas gegen den Wind und dann nordöstlich. Und diese Strecke macht die ganze Unbill endgültig wieder wett. Eine absolut fantastische Strecke mit leuchtenden Sandstränden, smaragdgrünem Wasser, die Sonne scheint, und jede Biegung bietet einen neuen fantastischen Ausblick.




Die „Outer Hebrides“ sind auf jeden Fall ein absolutes Highlight der ganzen Fahrradtour. Ich mache gefühlte 1000 Fotostopps, und nachdem ich die sensationelle Westküste von Harris in Richtung Tarbert verlasse, geht es genauso spektakulär weiter.

Denn nun führt die Strecke durch eine faszinierende Felslandschaft. Diesen Anblick muss man allerdings mit einigen Höhenmetern bezahlen. Aber die Beine sind gut in Form, das erste Mal auf der Reise fühlt es sich an, als könnte ich die volle Leistungsfähigkeit auch abrufen, weil die Kraft in den Beinen und die Kondition in harmonischem Gleichgewicht stehen. So ist auch dieser Abschnitt ein echtes Highlight, obwohl es zwischendurch wieder anfängt zu regnen.






In Tarbert, meinem Tagesziel angekommen, gibt es allerdings außer „fully booked“ und „no vacancies“ nichts zu holen. Über das Touristoffice kann ich noch ein B&B buchen, dafür muss ich aber nochmal über zehn Kilometer in die falsche Richtung fahren, denn das liegt auf dem kleinen Inselchen Scalpay. Da gibt es auch nichts zu essen, so dass statt heißer Dusche erst mal Essen mit nassen Klamotten im Ort angesagt ist.

Der Weg nach Scalpay erweist sich als echte Achterbahn, so dass auf die Distanz von elf Kilometern über 240 Höhenmeter zusammenkommen. Zur „Belohnung“ ist das B&B auch schön auf einem Hügel positioniert…


Das Zimmer ist aber klasse, die Herrin des Hauses sehr sehr nett, und zur Begrüßung gibt es erst mal eine Riesenkanne Tee. Ich denke heute waren es somit locker 15 bis 20 Tassen Tee. Ab wann wird Teein eigentlich toxisch?

Wie auch immer, der heutige Tag war wirklich abwechslungsreich. Von der schönen Frühmorgenstimmung, über Kampf mit den Naturgewalten, völligem Frust, Glücksgefühl und Entspannen auf der Fähre, sensationellen Streckenabschnitten auf den äußeren Hebriden, frustrierender Zimmersuche, ständig nasse Klamotten, „sinnlose“ Höhenmeter bis zur Unterkunft und schließlich eine Tasse Tee vorm warmen Kamin mit Blick auf die friedliche Abendstimmung der Küste von Scalpay (immer noch in nassen Klamotten…)

Ich bin so müde, dass ich nach dem Duschen erstmals keine Zeile mehr schreibe, sondern gleich ins Bett gehe.

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1 Kommentar

  1. Anonymous 24. Mai 2009

    Hi there, we met you at the jetty at Berneray and got your website details from you on the ferry, (we were the couple with red jackets and road bikes). We made it back to Glasgow, after getting very very wet on Skye! and will be following the rest of your tour.

    Good luck and take care,
    Melissa and David

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