—Vorläufige Version, Bilder folgen—-
Nun stehe ich also am Start. Marco und Oli, mein Begleitteam, müssen erst nach Bern reinfahren und wieder drehen, damit sie auf der anderen Seite der Raststätte wieder zu mir stoßen können.
Am Start sind die Fahrer erst mal alleine. Es wird im Abstand von einer Minute gestartet. Im Gegensatz zu den Veranstaltungen die ich sonst so kenne ist die Stimmung am Start etwas verhalten. Auch der Sprecher ist sehr zurückhaltend.
Selbst als Benny Furrer ein paar Minuten vor mir startet liest er nur völlig emotionslos den Namen vor. Und verspricht sich noch dabei. Ich bin schon etwas beeindruckt, dass eine RAAM Legende wie Benny Furrer so kurz vor mir startet. Wohl der einzige bis jetzt, der das RAAM mit einem Arm absolviert hat. Aber entscheidender ist, dass er es überhaupt, und in guter Zeit gefinished hat. Aber kein Wort davon, stattdessen wird er als Benny Furry angekündigt. Schon peinlich.
Anyway, kurz unterhalte ich mich noch mit einem anderen Fahrer, der den dritten Versuch macht sich für’s RAAM zu qualifizieren. Er ist 50+ und muss die 31 Stundenmarke knacken. Ich habe mir 28 Stunden zum Ziel gesetzt.
Dann ist es soweit, mein Name wird (korrekt) aufgerufen, ich fahre an die Startlinie und Punkt 11:44 Uhr geht es los.
Die ersten Kilometer sind mir ja sehr vertraut vom letzten Jahr und der Trainingsfahrt gestern. Marco und Oli sind noch nicht da, die werden dann aber schon noch dazustoßen. Jetzt am Anfang sind die Beine natürlich super, der mangelnde Schlaf macht sich nicht bemerkbar. Durch die gesunde Rennanspannung sind auch sämtliche leichten Erkältungsbeschwerden wie weggeblasen.
Der Garmin Edge 810 zeigt mir die Strecke an und weist mich frühzeitig auf das Abbiegen hin. Selbst die erste Schranke ist sogar auf, es läuft also alles bestens.
Als ich das Ikea und den MediaMarkt in Lyssach erreicht habe, wo wir gestern noch einen 12V-220V Adapter gekauft haben, mache ich mir schon etwas Sorgen, wo denn Marco und Oli bleiben. Ich habe ja kein Roadbook dabei, bin ohne die beiden schon etwas aufgeschmissen.
Außerdem hat das Auto gerade eine Reparatur am Motor hinter sich. Vielleicht war es doch der falsche Hydrostößel der getauscht wurde und die beiden stehen jetzt irgendwo mit einer Panne.
Na die werden schon kommen. Es gibt erste Abschnitte wo ich die Aerohaltung nutzen kann, und der Speed ist trotz dosiertem Einsatz der Leistung gut. Noch ist es flach, teils geht es bergab. Allerdings auch recht windig. Und der Wind steht nicht ganz so gut wie letztes Jahr.
An einer kleinen Brücke erwischt mich eine Böe und reißt mir den Lenker rum, ich kann das Fahrrad gerade noch abfangen. Puh, kurzer Schreckmoment, das war knapp. Aber das war nur ein besonders exponierter Abschnitt, sonst ist der Seitenwind nicht so problematisch. Die Hochprofilfelgen sind prinzipiell natürlich aerodynamisch von großem Vorteil. Es macht mir tierisch Spaß in der Aerohaltung zu fahren, ich fürchte fast ich fahre etwas zu schnell, das ist ja kein Zeitfahren über 50 km, sondern ein Ultraradmarathon über 718 km.
Ich überlege gerade ob ich in Langenbruck ankomme bevor das Teamfahrzeug da ist, und was ich dann mache, als ich die Stimme von Marco im Ohr habe. Alles ok, mein Begleitfahrzeug ist da, die Kommunikation klappt. (ich habe einen kleinen Empfänger dabei und einen Ohrhörer in einem Ohr, im Auto gibt es ein Mikrofon. Ich kann zwar nur hören nicht sprechen, aber für die Navigation reicht das ja.)
Noch immer genieße ich die hohe Geschwindigkeit und die Zeitfahrposition, dann geht es etwas berghoch. Eine sehr schöne Landschaft hier.
Der Anstieg zieht etwas an, aber alles gut zu dosieren. Marco macht ein paar Fotos. Alles noch ganz entspannt. Der Checkpoint Langenbruck ist dann auch recht schnell erreicht. Dort halte ich nur kurz den Chip über das Lesegerät und fahre weiter.
Diesmal ist die Streckenführung etwas geändert, es geht über den Chilchzimmersattel. Und der hat es durchaus in sich. Auf der Strecke bis jetzt hatte ich wohl einen überholt, und ein oder zwei haben mich überholt, sonst war ich recht alleine. Dabei hatte ich mit einer „Kolonne“ gerechnet, aber eine Minute scheint ein großer Abstand zu sein, oder die anderen fahren halt einfach viel schneller.
Nun überhole ich im Anstieg einen Fahrer der mich vorhin überholt hatte. Der hat oben am Berg ein mehrköpfiges Empfangskommitee stehen, aber die sind so fair und feuern auch mich noch etwas an.
Oli und Marco sind hinter mir, eine Wasserflasche tauschen wir aus, dann geht es auch schon in die Abfahrt. Die Bremsen funktionieren im Trockenen ganz ordentlich, auch das Quitschen des Vorderrades hält sich in Grenzen.
Nach dieser kleinen Passüberquerung gibt es wieder Zeitfahrterrain. Zweimal will mich der Garmin auf die falsche Spur leiten, aber Oli leitet mich, ggf. mit Nachdruck, wieder auf den richtigen Weg. Ich beschließe die Hinweise vom 810 erst mal zu ignorieren und mich auf die Navigation aus dem Begleitfahrzeug zu verlassen.
Die Strecke bis Koblenz fühlt sich schon länger an als gedacht, aber meist kann ich in Zeitfahrhaltung fahren und gut Tempo machen.
Wie schon in Fell, bei den 20h habe ich die erste Stunde erst mal nix gegessen und nur Wasser getrunken. Auch das KH-Getränk habe ich erst am Chilchzimmersattel erstmals angerührt. Bis jetzt fühlt sich der Magen wohl, alles noch bestens.
Nicht weit vom Checkpoint überhole ich mit kurzem Gruß den Fahrer mit dem ich am Start kurz geplaudert hatte, der war ja ein paar Minuten vor mir gestartet. Immerhin mal einer, die anderen scheinen einfach weggezogen zu sein.
In Koblenz ziehe ich nur schnell den Chip über das Lesegerät, nehme zwei Ensure Plus und Waffeln am Auto, und fahre gleich weiter. Oli und Marco räumen erst noch die Sachen wieder ins Auto, u. a. auch die klebrigen leeren Geltuben, und folgen mir dann mit etwas Abstand.
Ich mache mir keine großen Gedanken, alles läuft super, ich habe ja den Garmin für die Navigation wenn das Auto nicht bei mir ist.
Dann geht es unter einer Brücke hindurch, ein anderer Fahrer ist vor mir, ich will gerade blind hinterher fahren, als der Garmin sagt links vor der Brücke abbiegen. Ich weiß noch vom letzten Jahr, dass es kurz nach Koblenz über den Rhein nach Deutschland geht, aber war die Brücke nicht etwas größer? Ich zögere kurz, aber der Garmin ist sich sicher. Es ist sehr viel Verkehr, es bietet sich gerade eine Lücke, also biege ich ab und fahre über den Rhein.
Auf der anderen Seite geht es am Fluss entlang auf einer viel befahrenen Bundesstraße, auf der Gegenseite ist ein ewig langer Stau. Ich habe etwas Rückenwind und komme gut vorwärts, bin mir aber etwas unsicher wegen der Navigation. Das Auto braucht wahrscheinlich etwas um durch den Verkehr zu kommen, also fahre ich erst mal so weiter.
Die Strecke kommt mir aber seltsam vor. Dann kann ich von einer Bundesstraße auf die andere wechseln, der Garmin sagt irgendwie gar nix mehr, fängt an zu rechnen, lässt es dann doch und nachdem ich erst mal geradeaus gefahren bin, meint er ich wäre nicht mehr auf der Route. Verdammt, fängt der Scheiß schon wieder an. Ich bleibe erst mal stehen und will zurückfahren, aber es ist soviel Verkehr, dass ich gar nicht auf die andere Straßenseite komme.
Da klingelt das Telefon und Marco ist dran. Ich bin falsch gefahren, hätte nicht über die Brücke fahren dürfen. Die beiden warten auf mich an der Stelle wo ich falsch abgebogen bin und ich muss jetzt wieder zurückfahren. Ich bin stocksauer und frustriert. So wird das nix mit der RAAM-Quali.
Als ich endlich auf die andere Straßenseite wechseln kann, muss ich erst mal wieder gegen den Wind fahren. Während ich vorher immer schön auf meine Wattanzeige geachtet habe um jegliches Überpacen zu vermeiden, haue ich jetzt vor Wut richtig rein. Dumm! Dann kommt auch schon der lange Stau. Zum Glück sind Fahrräder aber schmal und so kann ich am ganzen Stau vorbeifahren bis wieder an die Brücke. Dort ist die Ampel rot, am Grenzübergang dauert die Abfertigung ewig, aber zum Glück gibt es einen abgetrennten Fußgänger/Fahrradbereich. Bis ich das gecheckt habe dauert eine Minute, aber dann kann ich rüberfahren und treffe auch Oli und Marco wieder.
Man was für ein Desaster, ich kann den Frust darüber nicht kontrollieren, nicht einfach wegstecken, noch immer bin ich wütend auf den Mist Garmin und auf mich, dass ich nicht gewartet habe, als ich unsicher war. Und auf das Ultracycling im Allgemeinen, da die Navigation dabei soviel Raum in Anspruch nimmt.
Als wir die richtige Brücke erreicht haben fahre ich bei Grün, während das Auto Rot hat und warten muss. Mist. Ich fahre weiter, so kompliziert wird die Strecke jetzt nicht sein. Nach der Brücke, ich fahre gerade so 30 km/h will ein weißer 1er BMW aus einer Ausfahrt raus. Der Fahrer schaut mir in die Augen überlegt kurz und fährt dann los, direkt vor mir auf die Straße.
Ich bremse mit allem was ich habe, die Räder ziehen schmale schwarze Streifen auf den Asphalt, das Hinterrad setzt zum Überholen an, und ich höre und fühle schon das Bersten von Carbon und Knochen an weißem Autoblech, Bremse lösen nach links werfen, und gerade noch komme ich irgendwie vorbei, das war weniger als ein Milimeter.
Jetzt ist es aber genug, die Wut platzt aus mir heraus, ich beschimpfe den Fahrer mit allen fiesen Schimpfwörtern die ich kenne, war für ein Idiot, sieht mich und fährt mir trotzdem genau vor’s Fahrrad. Wenn ich Zeit hätte würde ich absteigen und ihm an die Gurgel gehen.
Mache ich natürlich nicht. Nach 3 Sekunden habe ich mich wieder halbwegs beruhigt, und versuche wieder meinen Rhythmus zu finden. Kurz durchatmen, Riesenglück gehabt, dass nix passiert ist.
Im Kreisel sagt der Garmin dann zweite Ausfahrt rechts, ich folge der Anweisung. Nach einigen hundert Metern bergauf beschließt das dämliche Gerät aber, dass ich doch wohl von der Route abweichen würde. Man! Was ist das denn für ein Schrott. Also wieder zurück, nächste Abfahrt im Kreisel genommen und beten, dass das die richtige ist.
Sicher bin ich mir aber überhaupt nicht. So gebe ich kein Gas, sondern rolle und schaue mich immer wieder nach dem Auto um. Es scheint ewig zu dauern, aber dann überholen die beiden mich. Haben die mich gesehen?
Ich fahre etwas unsicher weiter, doch dann höre ich endlich die Stimme von Marco, ich bin richtig. Jetzt kann ich wieder reintreten. Mensch was für ein Mist. Der Frust sitzt tief, zusammen habe ich jetzt schon 20 Minuten durch Navigationsfehler verloren. So schaffe ich die Quali nie, geschweige denn die 28 Stunden.
Ich kann den Frust auch nicht wegschieben, normalerweise kriege ich das dann in den Griff, jetzt bin ich nur unglaublich sauer auf Garmin und das alberne Ultracycling. Was ist das denn für ein Sport, bei dem man sich mehr mit Routen auswendiglernen und GPS und Geräten befassen muss als mit Radfahren. Mein Sport ist es jedenfalls nicht. So was mache ich nie mehr, ich bin doch kein Pfadfinder oder Geocacher, ich will radfahren!
Ich treffe auf einen anderen RAAM-Quali Fahrer, der hantiert gerade mit dem Roadbook in der Hand und fragt mich ob ich wüsste wo es lang geht. Ich lächle resigniert und sage „das Auto weiß es“. In dem Moment sagt mir Marco die Richtungsänderung an. Ich gebe sie an den anderen weiter, der ist erst mal skeptisch, und meint es müsse doch rechts gehen, aber ich kann mich sogar daran erinnern, dass ich letztes Jahr hier genau das Gleiche gedacht habe, das aber links völlig richtig ist.
Ich fahre links, er folgt mir und wir fahren auf der richtigen Strecke. Ich verlasse mich jetzt nur noch auf die Ansagen aus dem Auto, die Navigation vom 810 schalte ich ab.
Nun geht es an der Wutach entlang berghoch, erst etwas steiler, dann recht gleichmäßig mit gemäßigter Steigung. Und obwohl ich immer noch sehr, sehr frustriert bin finde ich einen guten Rhythmus. Es ist viel kühler als letztes Jahr. Noch immer trage ich kurz/kurz, das ist fast schon zu kalt, trotz Berghochfahrens, denn mit jedem Kilometer sinkt die Temperatur und das Wetter wird etwas trübe.
Der andere Fahrer war etwas weggezogen, ich habe ihn aber wieder eingeholt, dann überholt er nochmal, ich fahre aber meinen Stiefel durch, immer noch mit dem Garmin hadernd, so dass ich nach einem weiteren Überholvorgang den Anderen irgendwann hinter mir lasse.
Ich weiß zwar, dass der Anstieg sehr lange ist, aber so lange, das hatte ich nicht mehr auf dem Schirm. Ich fahre so 260 Watt berghoch, das ist hier auch sehr gut zu dosieren, aber über so eine lange Dauer, weiß nicht ob das das richtige Tempo ist. Aber ich fühle mich sehr wohl dabei. Marco lobt über das Mikro meinen schönen Rhythmus, das geht natürlich runter wie Öl und motiviert nochmal etwas.
Der Garmin scheint mittlerweile total zu spinnen. Während der PC7 ziemlich konstant ein Tempo von um 23 km/h anzeigt tanzt die Anzeige auf dem Edge 810 hin und her zwischen 13 und 29 km/h. Ich bin kurz davor das Teil in den Wald zu werfen.
Dann kommt die Ansage aus dem Auto „wir haben kein GPS Signal mehr“. Oje, jetzt wird es aber brenzlig. Noch ist die Strecke eindeutig, es gibt keine Abzweigungen und es geht immer schön sanft berghoch. Dann aber kommt doch ein Abzweig, aber der ist eindeutig. Auch das Teamfahrzeug des anderen Fahrers, das mich immer mal wieder überholt ist der gleichen Ansicht wie wir.
Und dann ist die Strecke bis Ewattingen eigentlich eindeutig. Zwischendurch hatte ich den Garmin nochmal komplett ausgeschaltet und wieder ein, das hat aber keine Verbesserung gerbracht. So beschließe ich das Teil am Checkpoint gegen den alten 800er zu tauschen, obwohl der Akku noch halbvoll ist, und der Akku des 800 dann nicht bis zum Ende reichen wird. Danke Garmin für ein erneutes Aufzeichnungsdesaster. Sobald es den ersten vernünftigen Radcomputer gibt werde ich ihn kaufen, aber ich fürchte den muss ich selbst entwickeln um ihn wirklich zu bekommen.
Zum Checkpoint in Ewattingen geht es nochmal einen kurzen sehr steilen Stich hinauf zum Sportplatz, dann ist er aber erreicht. Ich ziehe den Chip über’s Lesegerät, kurze Toilettenpause, schnappe mir noch zwei belegte Brötchen und ziehe dann erst mal Armlinge und Knielinge an. Es war jetzt doch recht frisch, außerdem geht es nun erst mal bergab, und dann kommt ja auch schon bald die Nacht.
Am Checkpoint ist auch schon der Radler den ich kurz vor Koblenz überholt hatte, durch mein Verfahren war er wieder vor mir. Erinnert mich etwas an das Hase und Igel Spiel vom letzten Jahr, das möchte ich dieses Jahr aber nicht nochmal haben. Kurz darauf trifft auch der andere Radler von eben ein. Wir werden uns wohl noch öfter sehen.
Vom Checkpoint weg gibt es keinen Hinweis zur Richtung. Im Roadbook steht auch nix und GPS Signal haben wir keines. So fahre ich nach links, denn so war es letztes Jahr. Damals wurden wir allerdings wegen einer Baustelle über einen sehr ruppigen Wirtschaftsweg geführt, müsste vielleicht dieses Jahr doch anders sein. Ich werde unsicher und Oli und Marco wissen es auch nicht. Ich frage ein paar jugendliche Mofafahrer nach dem Weg zum nächsten im Roadbook vermerkten Ort, die angezeigte Richtung kommt mir komisch vor, Marco auch. Aber schließlich fahren wir dort lang, und es scheint die Strecke vom letzten Jahr zu sein. Meiner Meinung nach falsch, da die Baustelle ja weg ist, vielleicht hätten wir einfach rechts gemusst. Der Belag ist nicht gut und ich kann nicht so richtig schnell fahren, aber da müssen wir jetzt durch.
Dann treffen wir auf die richtige Straße, hoffentlich nur ein kleiner Umweg. Nachdem ich jetzt Armlinge und Knielinge anhabe wird es prompt wieder wärmer, aber umziehen werde ich mich natürlich jetzt nicht mehr. Auch wenn jetzt der fiese Anstieg nach Blumberg kommt. Obwohl ich es weiß, bin ich doch überrascht wie steil er ist.
Ich kann das Pacing nicht halten, 260 Watt hier hoch geht schon mal gar nicht, aber auch den EB Bereich nicht überschreiten ist nicht drin. Auf dem kleinsten Ritzel mit 34-32 trete ich immer noch 350 Watt da hoch, um nur einigermaßen vorwärts zu kommen. Zum Glück ist die Länge des Anstiegs überschaubar.
Dann wird das Gelände wieder etwas gemäßigter, flache Teile und normale Anstiege wechseln sich ab, quasi eine Hochebene. Die Sonne steht tief, aber scheint jetzt tatsächlich und taucht alles in goldenes Licht, das ist mein Wetter und meine Uhrzeit. Das war schon bei den Radreisen so, und auch jetzt fühle ich mich gerade sehr wohl.
Ich sehe zwei Radfahrer vor mir, einen hole ich wieder ein, und es ist der, den ich schon in dem langen Anstieg überholt hatte. Also wieder Hase und Igel. Er fährt ein recht auffällig lackiertes Cervelo. Wir haben also schon deutlich Zeit verloren durch das Fragen, hin- und herfahren und die schlechte Abfahrt, aber auch nicht dramatisch, wohl nur wenige Minuten.
Mittlerweile haben wir auch wieder GPS, das Team funktioniert super, ich verlasse mich voll und ganz auf den Knopf im Ohr. Ich fahre RAAM-Quali, mache mir also sowieso keine Gedanken über Gruppen oder fehlenden Windschatten, so bekomme ich langsam den Kopf wieder freier, der Frust über die Irrfahrten fällt ab.
Noch ist es hell, und ich hoffe auch am Bodensee noch im Hellen zu fahren, um gegenüber meiner Fahrt im letzten Jahr aufzuholen. Damals war ich vor 8 Uhr morgens gestartet. Allerdings hatte ich da am Bodensee auch ein echtes Tief.
Ein paar mal überholen Mr. Cervelo und ich uns gegenseitig, manchmal mit einem Spruch, aber ich möchte ihn natürlich auch endlich hinter mir lassen.
In Ramsen am Checkpoint hatte ich letztes Jahr recht lange pausiert, diesmal nur kurz den Chip drübergehalten und dann gleich weiter.
Dadurch lasse ich den Cervelofahrer hinter mir, den Fahrer den ich kurz vor Koblenz überholt hatte und der dann durch das Falschfahren wieder vor mir war, und das zweite Falschfahren wieder, fährt nun praktisch gleich schnell. Ich überhole ihn mal, dann er mich, dann ich ihn, dann zögere ich am Abzweig Dörflingen, hier ist das Roadbook etwas zweideutig und Marco schickt mich in die falsche Straße und schon ist er wieder vor mir. Aber dann überhole ich ihn wieder und sehe ihn erst mal nicht mehr.
Zum Glück ist jetzt recht wenig Verkehr, denn wir dürfen ja nicht Windschatten fahren, sondern müssen recht großen Abstand halten, so dass ich manchmal in der Mitte der Fahrbahn fahren muss wenn ich den anderen Fahrer überhole.
Das Thema erledigt sich aber dann, denn ich treffe lange Zeit auf keinen anderen Fahrer. Wir haben mittlerweile den Bodensee erreicht. Die befürchtete Schwächephase bleibt aus, die Beine gehen gut, die Aerohaltung macht noch immer Spaß, das Wetter ist noch angenehm, auch wenn ich jetzt wieder froh bin Arm- und Beinlinge zu tragen, denn die Temperatur hat wieder etwas nachgelassen.
Die Navigation aus dem Auto funktioniert gut, auf Marco und Oli kann ich mich verlassen, so bin ich mittlerweile mental sehr gut drauf, die Beine sind auch ok, alles bestens. Nur vom Bodensee sehe ich diesmal recht wenig. Das liegt weniger an der einsetzenden Dämmerung (das Rücklicht habe ich jetzt schon eingeschaltet), sondern an der Sitzposition, die natürlich wenig Blicke auf die Landschaft zulässt. Aber egal, es geht um die Zeit und um die RAAM-Quali, der Rest ist zweitrangig.
Ich mache mir etwas Sorgen wegen des Tempos, außer den beiden von vorhin habe ich jetzt keine Fahrer mehr gesehen, dabei waren die ja nur im Minutentakt vor mir gestartet. Das heißt ja, die sind alle schon weggezogen.
Ich habe momentan einen Schnitt von 29,8 auf dem PC7 stehen, einen knappen 30er Schnitt muss ich auch fahren, damit ich die Qualizeit schaffe. Ich liege also schon im Plan, allerdings knapp, d.h. die Zeit ist wackelig, denn ich habe erst 4 von 11 Checkpoints hinter mir, und der größte Teil der Höhenmeter liegt auch noch vor mir. Und ich weiß natürlich nicht ob und wie ich hinten raus abbaue. Noch nicht mal einen Randonneur oder Radmarathonfahrer überhole ich. Man, man, man, sind die alle so schnell, bin ich einfach zu langsam?
Es dämmert etwas mehr, am Straßenrand taucht ein Race Official auf und winkt „bitte Beleuchtung einschalten“. Ok, noch kann man zwar gut sehen, so dass ich aus Akkuspargründen vorne die Beleuchtung ausgelassen hatte, aber die schalte ich jetzt auch ein, hinten war eh schon an.
Den Checkpoint Frasnacht erreichen wir dann aber im Dunklen. Dort gibt es eine kurze Toilettenpause und ich wechsle die Hose. Neue Sitzcreme wird aufgetragen, die geliebte Microsilber Hand repair finde ich im Auto nicht, aber die Sixtus funktioniert auch wunderbar, also nehme ich die. Ich trage sie so dick auf, wie „Eule“ das bei Jan Ulrichs Hose gemacht hat, fühlt sich einfach angenehm frisch an…
Die Jungs haben mir die Flaschen am Fahrrad gewechselt und die Akkus am Funkempfänger, noch ein, zwei Ensure Plus rein und irgendwas festes, dann geht es auch schon weiter.
Das war erst die 5. von 11 Stationen, noch nicht mal die Hälfte ist geschafft. Aber der am nächsten Checkpoint ist es dann soweit, 6 von 11 ist doch ein gutes Ziel.
Auch jetzt geht es noch recht lange am Bodensee entlang. Wie kann ein See nur so lang sein? Manchmal habe ich etwas Zweifel bezüglich der Strecke, weil der See soweit weg scheint, allerdings ist es schlicht dunkel und durch die Aerohaltung schaue ich mehr auf die Straße, so dass diese Gedanken eigentlich Quatsch sind. Vor allem kann ich mich aber auf Marco und Oli verlassen. Mittlerweile navigieren die mich sehr souverän, was mich zusätzlich motiviert.
Das gibt mir auch Sicherheit im jezt kommenden Abschnitt, der für mich sehr spannend ist, da ich mich letztes Jahr hier mehrmals böse verfahren habe.
Aber diesmal klappt es mit der Navigation einfach super. Ohne mein Team, wäre ich da sicherlich hundert mal falsch gefahren, so kann ich mich einfach auf die Stimme im Ohr verlassen. Wenn ich doch mal anfange zu denken und der 13 weiter folgen will im Kreisel, es aber eigentlich schon eine Ausfahrt früher weiter geht, pfeifen mich die Jungs geduldig zurück, und schon bin ich wieder auf der richtigen Strecke.
Gerade um Kriessern und an der großen „Halbzeitstation“ war es letztes Jahr trotz guter Beine eine Katastrophe, diesmal alles perfekt. Auch der Checkpoint in Mels wird zielsicher angesteuert. Andere haben sich hier wohl teils länger verfahren.
Oli hat mit dem Androidtablett und einer 6,- EUR Navi App genau das richtige Tool aufgetan für unseren Zweck. Die meisten Navis können nämlich mit den Routen überhaupt nicht umgehen.
Kurz vor Sargans bin ich durch eine kleine Regenzone gefahren, deshalb hatte ich Marco gebeten das Schutzblech hinten zu montieren. Kaum gesagt, ist auch schon wieder alles trocken. Aber egal, es ist für Samstag Regen angesagt, und auch wenn es jetzt noch nicht danach aussieht, das bisschen mehr Gewicht ist mir egal.
Ich überlege kurz ob ich eine Jacke anziehen soll, es ist doch mittlerweile richtig kühl, aber dann schwitzt man so, gerade berghoch, da fröstel ich lieber etwas in der Ebene.
Im Gegensatz zum letzen Jahr als ich bei Halbzeit sogar geduscht habe und mich komplett umgezogen habe, wird diesmal nur schnell „gechipt“, kurz auf die Toilette und im rausgehen noch zwei trockene Brote geschnappt. Hm, sehr gut.
Die Jungs haben das Fahrrad schon mit neuen Flaschen befüllt, das Schutzblech montiert und halten neue Gels bereit. Die leeren Geltuben entsorgt, ein Ensure Plus nehme ich auch noch, und dann gleich wieder auf’s Rad und weiter.
Der Wind steht dieses mal nicht so gut wie 2012, auch ist es recht kalt, aber die Beine sind ok. Ich fliege nicht, aber passt schon. Der Streckenverlauf ist erstmal unkompliziert, jedenfalls mit Knopf im Ohr. Nachts ist sehr wenig Verkehr, und so kann ich schön in Aerohaltung fahren und Meter machen.
Die Beleuchtung funktioniert sehr gut. Müde bin ich auch nicht, ich merke allerdings, dass es in Aerohaltung anstrengender ist, die Augen offen zu halten, d.h. wenn ich merke, dass die Augenlieder etwas schwer werden, gehe ich kurz in Oberlenkerhaltung und das ist wieder weg. Als ich gecheckt habe, dass das kein Schlafbedürfnis ist, sondern einfach der für die Augen etwas anstrengenderen Position geschuldet ist, brauche ich auch nicht mehr die Position zu wechseln.
Eine Weile geht es noch flach dahin, doch dann geht es am Walensee entlang, und da geht es dann richtig bergauf. Der Anstieg ist nie wirklich böse, aber er scheint nicht aufzuhören. Es ist dunkel und je höher man kommt, desto interessanter wird es unten die Lichter am See anzuschauen.
Bis jetzt habe ich kaum was von der Landschaft wahrgenommen. Das kommt einfach durch die Sitzposition. Auf dem Rennrad sieht man eh deutlich weniger als auf dem Reiserad, aber in Aeropositon hauptsächlich Straße. Ist aber ok, ich will ja keine Radreise machen, sondern mich für’s RAAM qualifizieren.
Nun bin ich aber in Bergaufhaltung, sprich meist Oberlenker- oder Bremsgriffhaltung. Letztes Jahr hatte mich hier ein RAAM-Qualifikant überholt. Diesmal ist außer mir niemnad hier. Ich mach mir echt Sorgen um die Pace, sind die Anderen denn alle so schnell? Es kommen noch eine Menge Höhenmeter, mein Schnitt wird also nach unten gehen. Hoffentlich habe ich gegen Ende überhaupt noch eine Chance die Qualizeit zu packen. Es wäre schon eine Riesenenttäuschung die zu verfehlen, und ich hätte das Gefühl, meinen Begleitern damit großen Frust zu bescheren, denn dann wäre ja alles umsonst gewesen…
Am Anfang des Anstiegs habe ich noch die „Aussicht“ auf den im Dunklen liegenden See genossen, mittlerweile bin ich der Meinung der Anstieg könnte endlich zu Ende sein. War das hier wo mich letztes Jahr ein Begleitfahrzeug ziemlich oben gerade noch auf den richtigen Weg gelotst hat? Dann müssten wir doch bald oben sein und in Richtung Zuger See fahren?
Ich kann die Glarus Schilder nicht mehr sehen. Mittlerweile habe ich tierisch Bock auf Obstsalat. Frischer, saftiger Obstsalat, man wäre das jetzt geil.
Ich ziehe mich noch am Bild vom Obstsalat des Frühstücksbuffets vom Morgen hoch, da kommt ein Ortschild, und der Ort heißt doch tatsächlich Obstalden! Da hat doch einer mehr Humor als man ihm zugetraut hätte…
Nachdem es in dem kleinen Ort etwas abgeflacht hat, geht es gleich wieder weiter steil berghoch. Ich bringe meinen Missmut durch fluchen zum Ausdruck. Ich hoffe nur den Jungs im Auto geht es noch gut, denn jetzt ist es spät in der Nacht, die sind bestimmt schon ganz schön gerädert und ich fahre gerade 9 km/h, eine echte Belastungsprobe für die Begleiter.
Meine Theorie, „jeder Berg geht zu Ende“ scheint sich gerade zu falsifizieren, da zeichnet sich endlich Besserung ab. Es geht wohl tatsächlich noch mal bergrunter. Aber vom Zuger See ist nix zu sehen, da hatte ich wohl in der Erinnerung was durcheinandergeworfen. Es dauert noch eine ganze Weile, und wir fahren ja erst mal bis Pfäffikon. Allerdings nach einer Abfahrt auf eher flacher Strecke, so dass ich wieder etwas Tempo aufnehmen kann.
Die Geschwindigkeitsanzeige in Aerohaltung beeindruckt mich immer wieder, es ist in dieser Haltung kaum möglich unter 30 km/h zu fahren, meist ist man deutlich schneller, und das obwohl es eher keinen starken Rückenwind gibt.
In Pfäffikon gab es spät eine kleine Änderung, so fahren wir nach Navi in die Bahnhofstraße, die aber einen Schlenker macht, also geradeaus hätte es auch getan, aber egal, ich freue mich auf den winkenden Mann am Straßenrand, der uns an den Checkpoint lotst. Eigentlich hatte ich hier eine Toilettenpause eingeplant, lasse das aber, die Toiletten scheinen mir irgendwie weit weg zu sein, also nur schnell „gechipt“, Marco reicht mir noch Gels, und dann gleich weiter.
Ich kann mich erinnern, dass ich letztes Jahr zu meinen Hase/Igel Begleitern, die immer vor mir am Checkpoint waren, obwohl ich schneller war und sie jedesmal überholt habe, gesagt habe, das jetzt die Königsetappe kommt. Diesmal habe ich mich überhaupt nicht mit dem Streckenprofil beschäftigt, aber daran kann ich mich erinnern, und auch daran, dass es hoch nach Schindeleggi ging.
Und es dauert auch nicht lange, bis wir scharf links von der Hauptstraße abbiegen und sich die Straße nach oben windet. (selbstverständlich wurde auch dieser Linksknick rechtzeitig von Marco über das C-Band Micro direkt in mein Ohr angesagt).
Also nochmal ordentlich klettern. Ich glaube diese Steigung mag ich lieber als die letzte am Walensee, warum kann ich aber nicht recht sagen. Das Geschwindigkeitsschild an der Straße, das letztes Jahr noch einen Smiley angezeigt hat, bleibt diesmal sachlich und sagt einfach „Danke!“. Bitte, aber schneller geht eh nicht…
Es war also doch hier irgendwo, wo ich letztes mal von dem fremden Begleitfahrzeug noch in die richtige Richtung gelotst wurde. Damals war es noch stockdunkel, jetzt ist schon Morgendämmerung. Ich bin ja letztes Jahr irgendwie kurz vor acht Uhr oder so gestartet, mein Ziel war es bis hierhin auf mich selbst aufzuholen, ganz bin ich noch nicht dran, aber sicherlich schneller als letztes Jahr.
Ich habe allerdings kein Gefühl dafür wie ich in der Zeit liege. Ich schaue mittlerweile auch nicht mehr auf den Schnitt, denn danach sieht es echt knapp aus. Und noch immer kaum einmal ein anderer Radfahrer, vereinzelt nicht-RAAM-Quali Teilnehmer, aber sonst niemand. Wie schnell fahren die anderen denn? Auch die beiden die ich bis Ramsen immer mal überholt habe und umgekehrt habe ich nicht mehr gesehen. Die schienen ja ähnlich stark zu sein. Verstehe ich nicht.
Egal, ich mache mein Ding, weiterfahren, dann werden wir sehen was dabei rauskommt.
Nach der „Passhöhe“ geht es nach kurzer Abfahrt nochmal bergauf. Meine Gedanken sind aber irgendwie beim Zuger See, an dem ich letztes Jahr eigentlich ganz schöne Kilometer hatte. Diesmal fahre ich da etwas emotionsloser, aber freue mich, wieder schön in Aerohaltung um den See zu kurven. Die Navistimme von Marco oder Oli im Ohr, muss ich mir keine Gedanken machen, nicht wild während der Fahrt im Roadbook blättern, einfach fahren.
Das nächste Ziel ist Emmenbrücke, Checkpoint 8 von 11, das hört sich schon richtig gut an. Ich fahre schön „nach Knopf im Ohr“, und erkenne sogar wo ich mich letztes Jahr wohl verfahren habe. Die Strecke ist gut zu fahren, die Beine funktionieren noch, und ich muss auch bald da ankommen, denn die Toilettenpause ist echt überfällig.
In Emmenbrücke angekommen wird schnell „gechipt“, Marco und Oli stellen Ensure Plus und Co bereit und wechseln die Batterie im Funkempfänger, ich nutze die Zeit für die Toilettenpause. Dann aber wieder schnell auf’s Rad, denn jetzt kommen die letzten drei Checkpoints. Der nächste ist neu, denn letztes Jahr war in diesem Abschnitt die Streckenführung etwas anders.
Mittlerweile ist das Wetter deutlich schlechter, und es nieselt immer mal wieder etwas. Ich lasse aber Regenjacke und Überschuhe noch weg, lieber nicht zu warm, das kostet Leistung. Allerdings ist es auf dem Rad schon etwas frisch. Auch die Hände, die ja immer schön im Wind stehen sind recht kühl. Aber die Beine funktionieren gut.
Ich frage mich natürlich ob es hier nochmal berghoch geht. Ich habe mir zwar nicht mal das Höhenprofil angeschaut, und frage auch nicht nach bei Marco oder Oli, aber wir kommen ja an Meiringen vorbei. Und ins Haslital kommt man doch nur über irgendwelche Pässe? Also Susten oder Grimsel wären mir im Roadbook aufgefallen und die würden mich wirklich schockieren, aber Brünigpass will ich auch nicht fahren. Da ist viel zu viel Verkehr.
Zunächst bleibt es aber alles recht eben, die Navigation funktioniert gut, das Rad läuft, und auch Beine, Sitzfläche, Hände und Nacken sind ok. Ich versuche immer noch im Flachen, in Aerohaltung so 230 Watt zu treten, das funktioniert super.
Es fängt allerdings mehr an zu regnen. Aus dem Niesel wird teils richtiger Regen, lässt dann aber wieder etwas nach. Feuchtigkeit kriecht in den rechten Schuh. Erstaunlich, dass die Schuhe ohne Überschuhe überhaupt so lange der Feuchtigkeit getrotzt haben. Auch das Trikot und die Hose sind nass, aber ob das vom Schweiß oder vom Nieselregen ist kann ich schwer sagen, ist ja irgendwie auch egal. Es ist dadurch natürlich schon recht kühl, aber noch erträglich. Allerdings wünsche ich mir dann doch manchmal die Temperaturen vom letzten Jahr.
Die Strecke ist hier recht eindeutig, außerdem habe ich ja den Knopf im Ohr und bekomme ggf. die Abbiegehinweise. Oder eben den Hinweis „der Straße 10 Kilometer folgen“.
Ein bisschen kann ich die recht schöne Landschaft links von mir wahrnehmen. Da sind schneebedeckte Gipfel, denn wir bewegen uns ja hier praktisch schon im alpinen Bereich. Wie um das zu bestätigen dämmert mir langsam, dass ich wohl doch über den Brünigpass muss.
Ein Schild kündigt die Brünigpasshöhe in 19 Kilometern an. Dabei sind wir gerade so schön flach am Lunger See entlang geradelt. Verdammt, als ich den Brünigpass mit dem Auto das erste mal gefahren bin hat es in Strömen geregnet und ich habe einige Radfahrer sich da auf verstopfter Straße hochquälen sehen. Da habe ich mir gedacht, diesen Pass muss man nun wirklich nicht fahren, nicht mal im Trockenen.
Und jetzt hat der Adi uns dieses Ding in den Weg gestellt. Der Regen nimmt zu, mittlerweile sind die Füße beide nass und werden ordentlich kalt. Auch sonst bin ich ordentlich durchnässt, denn noch habe ich keine Regenkleidung angezogen. Es geht jetzt sowieso berghoch, diesen Abschnitt will ich noch ohne fahren. Aber für die Abfahrt werde ich wohl dann was Warmes anziehen müssen.
Ab dem Schild „12 km bis zur Brünigpasshöhe“ zieht die Steigung ordentlich an. Marco und Oli bleiben zunächst hinter mir, aber ich bin natürlich sehr langsam und wir sind schwer zu überholen. Da ich nicht so eine ganze Autoschlange hinter mir her ziehen will, und natürlich auch den Verkehr nicht behindern will, verabrede ich mich mit den beiden auf der Passhöhe und kündige schon mal an, dass ich mich dort umziehen werde, so dass die beiden alles vorbereiten können. Bis ich mich da hochgeschraubt habe, können Marco und Oli sich vielleicht dann auch mal die Beine vertreten.
So fahre ich dann genauso wie ich mir damals gedacht habe es auf keinen Fall tun zu wollen, diesen eigentlich nicht spektakulären, aber teils doch steilen Pass mit viel zu viel Verkehr im Regen hoch. Zwischendurch regnet es heftig, dann lässt es wieder etwas nach, um dann wieder loszuträtschen.
Den Plan vielleicht einfach nur die Überschuhe über die Radschuhe zu ziehen habe ich verworfen, die Füße sind nass und trotz des Kletterns sehr kalt, so dass ich die Schuhe wechseln muss. Mist, das kostet natürlich Zeit. Aber sonst werde ich nur die Regenjacke drüberziehen, dann wird der Oberkörper vor dem auskühlenden Wind geschützt und das nasse Trikot wieder aufgeheizt. So jedenfalls meine Theorie…
Der Berg zieht sich. Ich bin froh über meine 34-32, auch wenn das Experiment mit dem mittellangen Ultegraschaltkäfig am Dura Ace Di2 Schaltwerk gescheitert ist. Die Schaltröllchen berühren trotzdem das Ritzel und die Schaltpräzision in den drei kleinen Gängen ist sehr schlecht. In Gedanken schreibe ich den hundertsten Brief an Shimano, dass die endlich große Ritzel für die elektrischen Schaltungen bringen und bitte auch eine hydraulische Scheibenbremse dazu.
Die könnte ich vor allem für die Abfahrt gebrauchen. Denn im Regen bremsen die Lightweights genauso schlecht wie ihr Ruf. Am Lungersee an einer Baustelle habe ich im Nassen die Bremse gezogen und es ist erst mal nichts passiert. Ich musste mit aller Gewalt die Bremshebel betätigen, bis das Rad endlich verzögert hat.
Das wird mich in der Abfahrt viel Zeit kosten. Aber noch fahre ich berghoch. Der blöde Pass scheint nicht aufzuhören, flacht mal ab und zieht dann aber wieder an. Ein kurzes Stück fahre ich fast ohne Regen, dann aber als ich wohl endlich oben bin regnet es wieder heftig.
Schließlich erreiche ich den Parkplatz kurz hinter der Passhöhe und sehe mein Auto. Oli meint „wie, schon da?“, ich weiß nicht ob er es ironisch gemeint hat. Ich entledige mich erst mal der durchnässten Schuhe und trockne die Füße, sehr angenehm. Ich ziehe die Regenschuhe mit den dicken Falke TK1 Wanderstrümpfen an, wohlwissend, dass nach spätestens fünf Minuten eh wieder alles nass ist. Oli meint, dass genau diese fünf Minuten aber ziemlich gut wären, und er hat wohl recht…
Der Vorteil der Regenschuhe ist, dass die Füße wenn sie dann doch nass geworden sind einigermaßen warm bleiben, zumindest wenn man ordentlich reintritt und die Zehen ab und zu bewegt. Meine neue Regenjacke kommt auch zum Einsatz, die ziehe ich wie geplant über das nasse Trikot drüber, das wird dann schon warm werden. Außerdem tausche ich die nasse Helmuntermütze und ziehe die Regenhaube auf den Helm.
Marco hat meine Brille noch sauber gemacht, so das ich in der Abfahrt auch wieder was sehe, und etwas Essen nehme ich auch noch auf. Natürlich Ensure Plus, außerdem Kuchen. D.h. am nächsten Checkpoint kann ich dann einfach melden und schnell weiterfahren.
Die ersten paar Sekunden wenn es wieder auf’s Rad in den Regen geht sind ein bisschen ätzend, aber dann geht es schnell wieder sehr gut. Durch die schlechte Bremswirkung kann ich in der Abfahrt wie erwartet nicht so schnell fahren, der Regen kostet also schon einiges an Zeit, aber ich fühle mich recht wohl auf dem Rad und bergab fahren ist nunmal einfacher als berghoch.
Nach der Abfahrt geht es vor Meiringen rechts am Brienzer See entlang, d.h. jetzt wird es wohl hoffentlich eher flach. Interlaken scheint immer noch weit zu sein und der Checkpoint liegt ja noch dahinter, aber die Strecke ist gut zu fahren. Oli und Marco navigieren mich sicher, ich kann schön in Aerohaltung fahren, es regnet noch, aber nicht mehr so heftig wie auf der Passhöhe.
Ich schaue wie meist auf das Straßenstück vor mir, ab und zu, an einem Kreisel, wechsle ich kurz die Haltung, dann wieder weiter, den Schnitt wieder hochfahren. Der Berg hat echt Zeit gekostet.
Der Nacken fühlt sich noch wohl, ein Shermers Neck wird man an einem Tag wohl kaum bekommen. Auch die Sitzfläche ist noch ziemlich gut. Nur die Hände sind jetzt sehr kalt. Beim Umziehen hatte ich die langen, wasserdichten Handschuhe nicht gefunden und dann einfach die nassen, kurzen wieder angezogen. Nässe und der Wind kühlen die Hände ganz schön runter.
Durch Interlaken werde ich souverän vom Team geleitet, von dem Countryfestivalverkehr ist nichts zu sehen, da kommt uns vielleicht auch das Wetter zu Gute. Wir nähern uns der drittletzten Kontrollstelle. 9 von 11 würde ziemlich gut klingen, aber noch sind wir bei 8.
Mittleweile fahren wir am Thunersee auf der 6, als das Teamauto von der Polizei angehalten wird. Ich darf weiterfahren. Verdammt, haben wir was falsch gemacht? Hoffentlich gibt es keine Probleme. Der Polizist ist sehr freundlich, weist aber Marco und Oli darauf hin, dass sie auf dieser Straße nicht hinter mir her fahren dürfen. Er sieht aber von einer (sicherlich sehr teuren) Verwarnung ab, und wünscht dem Radfahrer sogar noch viel Erfolg. Ein echt positives Erlebnis mit der Schweizer Polizei.
Ich fahre nun alleine auf der 6, das Auto ist vorgefahren. Der Radstreifen endet und rechts deutet sich ein Radweg an, dann gibt es aber wieder Radstreifen auf der Straße. Also bleibe ich auf der Straße, dumm nur, dass der Radstreifen dann nach 20 Metern plötzlich aufhört. Mist, ich bin kein Radwegfan, aber auf dieser Straße wäre es sinnvoll gewesen, nun ist er aber durch hohe Leitplanken von mir getrennt. Ist halt so, durch meine Radreisen bin ich in dieser Hinsicht ziemlich abgehärtet.
Dann aber zweigt die Straße ab, und da stehen auch schon Marco und Oli. Ab jetzt dürfen sie wieder hinter mir fahren. Nach wenigen Kilometern ist dann auch der Checkpoint Leissigen erreicht. Schnell den Chip auf das Lesegerät gelegt, im Losfahren noch ein Madeleine in den Mund gestopft und weiter geht’s.
9 von 11 Checkpoints. Das klingt gut. Die Beine sind noch gut, und das müssen sie auch sein, denn jetzt geht es hoch nach Affoltern. Oder Jassbach, ich weiß gar nicht mehr genau wie herum, ich glaube Affoltern. Ich könnte ja nachfragen, mache ich aber nicht. Ich fahre einfach. Ich weiß nur, dass es jetzt nochmal ordentlich berghoch geht. Letztes Jahr mussten wir zweimal nach Affoltern hochfahren, und das erste mal war ein durchaus heftiger Anstieg, damals waren die Beine aber gut.
Zunächst geht es aber erst mal weiter am See entlang. Die Jacke scheint erstaunlich gut zu „funktionieren“. In Tests hatte das Active Shell Material von Gore Tex ja immer sehr gut abgeschnitten bei der Atmungsaktivität. Aber die alte Gore Regenjacke ja auch, und die paar Prozentpunkte Verbesserung die im Labor gemessen werden müssen nichts mit der Realität auf dem Rad zu tun haben. Abgesehen davon gibt es ja jedes Jahr das gleiche Marketinggewäsch, das irgendwas wieder 20% besser geworden und optimiert worden ist, obwohl doch das letztjährige schon optimiert war. Aber das mit der Regenjacke ist jetzt schon sehr auffällig. Selbst die gute Gore Regenjacke von 2007 hatte schon ein bisschen Plastiktüteneffekt. Diese hier gar nicht. Vielleicht bringe ich auch einfach nicht mehr genug Leistung und es ist ja eh kalt und nass? Aber noch trete ich meine 230 Watt im flachen.
Ich beschäftige mich gedanklich lange mit der Regenjacke, die Gedanken werden nur unterbrochen von Navigationsanweisungen aus dem Begleitfahrzeug. Mittlerweile geht es richtig berghoch. Und der Anstieg zieht sich. Mir dämmert, dass doch erst der Checkpoint Jassbach kommt. Das war ein langer heftiger Anstieg laut meiner Erinnerung vom letzten Jahr. Ich weiß, dass ich damals trotz Hitze eigentlich ziemlich gut gefahren bin und mir noch einen RAAM-Qualifikanten mit voll ausgestattetem Begleitfahrzeug inkl. Lautsprecheranlage geschnappt habe.
Diesmal bin ich anscheinend der einzige Radfahrer hier. Das gibt’s doch eigentlich gar nicht, wir sind im Minutentakt gestartet und außer ganz am Anfang habe ich keinen mehr gesehen. Wie schnell fahren die denn? Ich mache mir zwar noch Sorgen die Qualizeit zu schaffen, aber Marco meint wir liegen locker drin. Optimist, dieser Anstieg und die Etappe nach Affoltern werden heftig.
Ich frage am Auto nach, wie der nächste Checkpoint heißt, und ja wir sind auf dem Weg nach Jassbach. Es regnet noch, aber ist mir eigentlich wurscht. Berghoch ist das sowieso egal, und die Abfahrt von Jassbach ist recht flach und ohne Serpentinen, also unproblematisch. Die Hände sind halt kalt und die Füße nass.
Die zwei im Auto sind auch noch gut drauf, der schlimmste Punkt mit Schlafentzug in der Nacht ist wohl überwunden, aber die fahren jetzt auch schon einen ganzen Tag hinter mir her, und ich bin wirklich froh, dass die beiden so konzentriert und engagiert bei der Sache sind. Ab und zu winke ich sie zu mir heran, so dass ich eine Flasche Wasser oder auch mal ein Ensure Plus „bestellen“ kann. Sonst ahne ich nur, dass sie hinter mir sind, fahre mein Ding und bekomme wenn nötig einen Navigationshinweis.
Auch der Anstieg hinauf nach Jassbach zieht sich, ist aber dann insgesamt weniger heftig als ich ihn in Erinnerung hatte.
Am Checkpoint werden wir sehr herzlich empfangen. Eigentlich will ich nur schnell den Chip vorzeigen und weiterfahren, aber wegen dem Regen steht der Computer drin und ich mache den Chip vom Halsband ab. Während meine Durchfahrt dokumentiert wird gibt es belegte Baguettes, auch Marco und Oli genehmigen sich eines und vorm Regen geschützt unter dem Pavillion nehme ich auch noch einen warmen Bouillon. Wir sind an allen Checkpoints freundlich und hilfsbereit empfangen worden, aber Jassbach ist, wie letztes Jahr, nochmal was besonderes. Danke dafür!
Nun geht es in eine lange, aber flache Abfahrt. Leztes Jahr habe ich hier sehr gelitten, weil mir die Hände sehr weh getan haben und mir der heftige Gegenwind zugesetzt hat. Diesmal gibt es zwar auch etwas Gegenwind und es regnet, aber durch die Aerohaltung kann ich super Tempo aufnehmen und die Hände sind entlastet. Da habe ich diesmal folglich überhaupt keine Probleme.
Die Beine sind noch immer gut. Ich versuche schon 220, 230 Watt zu fahren. Die Beine haben das auch noch drin, ich merke aber, dass ich mich jetzt mehr konzentrieren muss um die Leistung auch zu halten. Wenn ich nicht aufpasse sinkt die Leistung manchmal unter 190 Watt.
Jetzt geht es also nach Affoltern. 10 von 11 Checkpoints sind absolviert. Das motiviert. Noch immer habe ich nicht genau gerechnet wie es mit der Zeit steht und ein bisschen Sorgen mache ich mir noch um die Quali, aber Marco meint wir liegen locker drin, nur die 26 Stunden schaffen wir wohl nicht mehr. Hä? Ich hatte die mal erwähnt, aber mein Ziel dann auf 28 Stunden korrigiert. Schien mir einfach realistischer zu sein. Das Marco noch mit der 26 rechnet wundert mich, aber es scheint als ob wir prinzipiell gut in der Zeit liegen. Ich lasse mir von Oli beim Fahren die beiden letzten Etappen nochmal erläutern.
Mittlerweile geht es wieder etwas berghoch. Nicht steil, vielleicht 2% aber das bleibt jetzt erst mal für eine Weile so. Ich merke nun die Länge des Wettkampfes und muss mich mehr konzentrieren um immer wieder die Leistung über die 200er Marke zu schrauben.
Der Regen hat etwas nachgelassen. Meine Konzentration möglicherweise auch. Wir haben schon viele Eisenbahnschienen überfahren. Dort war ich eigentlich immer recht vorsichtig und bin die bewusst steil angefahren. Nun kommt wieder ein Bahnübergang ich fahre eher nachlässig gerade weiter, merke aber schon an der ersten Schiene, dass die ganz schön schräg verlaufen, kann aber nicht mehr korrigieren, die zweite Schiene kommt und prompt geht mir auf dem nassen Eisenstrang das Vorderrad weg. Peng, reißt es mich auf den Asphalt.
Kurzer Schockmoment. Ich bin voll auf die rechte Seite geknallt, Knie, Hüfte, Ellenbogen, Schulter und vor allem Kopf. Ich rappele mich wieder auf. Prinzipiell funktioniert alles, ich merke die Stelle wo ich mit dem Kopf aufgeknallt bin.
Das Teamauto steht vor mir, hinter mir hat ein weißer Transporter angehalten, Marco und der Transporterfahrer kommen besorgt auf mich zu, ich muss mich erst mal auf mein Fahrrad stützen. Scheiße! Mein Körper überlegt kurz ob es ihm schlecht wird, aber nur kurz, dann kann ich mich aufrichten und Entwarnung geben.
Das Rad hat nichts abgekriegt, Glück gehabt. Also erst mal auf’s Rad und weiterfahren. Jetzt merke ich wie es am Ellenbogen klebt, das Gefühl kenne ich, wenn das trocknende Blut am Trikot pappt. Mist, die neue Jacke gleich schon wieder bei einem Sturz kaputtgemacht? Nachschauen tue ich natürlich nicht.
Der Schreck hat wohl soviel Adrenalin in mir freigesetzt, dass ich auf einmal wieder viel wacher, konzentrierter und stärker fahre. Die Hüfte macht sich beim Treten etwas bemerkbar, aber sonst geht’s. Auch die Aerohaltung geht wieder, denn die Stelle wo ich auf den Ellenbogen geknallt bin liegt hinter der Armauflage. Also alles nicht so schlimm, jetzt nur konzentriert weiter fahren, nicht unseren Erfolg noch gefährden.
Ein paar Tritte später ist der Vorfall vergessen. Ich mache mir noch etwas Sorgen wegen des Schlussanstiegs nach Affoltern, Marco und Oli analysieren den Schlussteil der Etappe aber als moderaten Anstieg. Bis auf den letzten Kilometer haben sie auch recht. Der ist dann so wie ich ihn in Erinnerung hatte, eine lange steile Gerade. Aber alles gut machbar.
Am Checkpoint, dem letzten, mache ich noch eine kurze Toilettenpause, und da wir wohl ganz locker in der Qualizeit liegen gönne ich mir noch ein Joguhrt mit Müsli. Da habe ich mich jetzt 680 Kilometer drauf gefreut. Auch Brot gönne ich mir noch und sogar für einen kurzen Plausch mit einem weiteren Teilnehmer nehme ich mir Zeit, endlich mal ein anderer Radfahrer und auch ein RAAM Qualifikant. Ich dachte schon die Anderen sind bereits alle im Hotel beim Duschen.
Dann geht es aber erst mal in die Abfahrt von Affoltern hinunter. Der Wind steht insgesamt eher gegen uns, so dass ich auch auf der letzten Etappe noch reintrete wie am Anfang auch. Allerdings sagt mir Oli dann nach einer Weile erstmals die Restkilometer und die Uhrzeit an. Und da realisiere ich, dass ich eigentlich sogar ganz nah an der 27 Stunden Marke dran bin.
Das gibt natürlich einen extra Motivationsschub. Die Leistung ist wieder da, ohne dass ich mich konzentrieren muss, jetzt muss ich auch nicht mehr haushalten, was noch an Körnern da ist kann ich jetzt verballern.
Es gibt noch viel gerade Strecke die man in Aerohaltung mit guter Geschwindigkeit fahren kann. An Hasle kann ich mich noch erinnern, auch Krauchtal. Und nicht nach Worb abbiegen, dass weiß ich auch noch…
Dann sind wir auch schon in Ittigen. Ich halte jetzt doch nochmal etwas drauf, Mensch die 27 Stundenmarke das wäre doch ein Ding. Dass ich so nah da dran bin ist einfach nur geil, deshalb ist es letztlich egal, ob 27:10 oder 26:59, aber probieren tue ich es jetzt trotzdem. Hätte ich das nur früher geschnallt, dann hätte ich auf der vorletzten Etappe nicht so getrödelt und in Affoltern kürzere Pause gemacht.
Anyway, nochmal geht es berghoch, dann sind wir auch schon auf der Grauholzstraße, noch 600m bis zum Abzweig zur Raststätte. Mit gutem Speed geht es in den Feldweg, auf die Brücke zu, nochmal 15 Meter berghoch, dann links durch das kleine Tor und da ist das Ziel.
Das Auto muss vor dem verschlossenen Tor draußen bleiben. Im Ziel ist niemand, alles verwaist. Aber dann finde ich die Zielzeitnehmung und gebe meinen Chip ab. Piep, das war’s. Ich habe nicht auf die Uhr geschaut, und die Zeit gibt es erst später auf der Website. Aber es muss so knapp über 27 Stunden sein, die RAAM-Quali locker geschafft.
Der Zielempfang ist etwas emotionslos, gerade nachdem man auf so einer epischen Distanz (für mich jedenfalls) unterwegs war. Aber da kommt auch schon Marco, mit dem ich meine Freude teilen kann. Und schließlich auch Oli. Wir haben es echt geschafft. Einfach nur geil. Die Jungs haben mich souverän über den Kurs navigiert, der einzige nennenswerte Navifehler war auf den Garmin Edge 810 zurückzuführen, als ich alleine war.
Die Jungs sind ganz schön platt wie mir scheint. Ich natürlich auch, aber nicht so heftig wie letztes Jahr. Nach ein paar Minuten fahre ich noch ein paar Runden über den Start/Zielplatz um die Beine auszufahren. Dann geht es erst mal unter die Dusche. Jetzt merke ich, dass ich doch recht heftig auf den Asphalt geknallt bin. Ein großes Hematom an der Hüfte, Schürfwunden an Hüfte, Knie und Ellbogen, und vor allem die Schulter schmerzt. Aber es ist mir gerade scheißegal, ich habe tatsächlich die RAAM-Quali geschafft. Habe mich über fünf Stunden zum letzten Jahr verbessert (Navigation gehört zum Sport, also stimmt die Rechnung).
Ich bin total dankbar, gegenüber Marco und Oli, dafür, dass die mich so großartig unterstützt haben, gegenüber Björn, dass das Training zu so guten Ergebnissen geführt hat, und gegenüber Britta, dass sie mir eine so gute Sitzposition gebaut hat, dass ich mich jetzt gerade frischer fühle als nach einem Tag im Bürosessel.
Das gesetzte Ziel beim Saisonhöhepunkt zu schaffen, das schönste was man im Sport erreichen kann…
speiche59 3. Juli 2013
Ich habe mir gerade in aller Ruhe deinen Bericht durchgelesen: Einfach genial,toll geschrieben,habe dass Gefühl,ich wäre dabei gewesen…Gratuliere zu dieser-für mich kaum vorstellbaren-Leistung!!! Chapeau!
Peter
Anonymous 8. Juli 2013
Guter Bericht! Gratulation zur Quali!