Ich wache ohne Wecker früh auf. Meine Ruhepuls ist zwar noch ca. 5 Schläge zu hoch, aber immerhin besser als gestern, denn da waren es 10 Schläge mehr, was eigentlich auf einen Infekt hindeutet.
Ich fühle mich aber einigermaßen ok. Und so sitze ich trotz ausreichendem Frühstück um halb neun Uhr auf dem Rad. Zunächst geht es ein Stück über die B190, dann biege ich ab in Richtung Rankweil. Und noch in Rankweil beginnt die Straße hinauf zum Furkajoch. So drücke ich dort am Abzweig von der Hauptstraße die Runde ab.
Zum Glück gehören die supersteilen Passagen, die ich gestern auf meiner Installations- und Erkundungsfahrt gefahren bin, nicht zum Anstieg. Allerdings zieht die Steigung ab Zwischenwasser schnell auf 9-10% an. Der Ort hat seinen Namen zurecht, denn ich muss über eine Brücke an einem kleinen Wasserfall vorbeifahren. Ein idyllischer Kontrast zu dem Industriegebiet das ich gerade durchfahren habe.
Noch in Zwischenwasser überholen mich zwei schnell fahrende Elektroradler. Bei dem Tempo hält der Akku nicht bis oben hin, die hole ich mir noch…
Ich habe mir gar nicht so viele Gedanken gemacht über meine heutige Tour. Das Furkajoch sah jetzt nicht so heftig aus, auch die Streckenlänge schien mir ,nur mit Furka- und Faschinajoch, recht gering, so dass ich noch den Hochtannbergpass fahren möchte zwischen den beiden.
Allerdings fühle ich mich schon hier unten, bei Steigungsprozenten um ca. 8% nur mäßig. Puh, wenn ich mich bei acht Prozent schon so anstrengen muss, wie wird das erst am Ende, wenn die wirklich steilen Abschnitte kommen? Anyway, ich verdränge das erst mal und genieße die teils superschönen Ausblicke zurück ins Walgau. Dabei lasse ich mich auch nicht vom teils heftigen Verkehr stören.
Relativ bald erreiche ich eine Abfolge von Tunneln und Lawinengallerien. Die Straße führt am Hang des recht engen Tals entlang, was teils spektakuläre Ausblicke bietet.
Eigentlich ist es gar nicht so steil, aber ich fühle mich nicht so besonders gut, und so bin ich froh, als ich endlich Laterns erreiche. Denn im Ort und kurz dahinter flacht die Straße nochmal deutlich ab.
Das gibt mir Gelegenheit die Aussicht, nun ins Latenser Tal, intensiv zu genießen. Das Wetter ist fantastisch. So fahre ich Kilometer um Kilometer (etwas zu langsam für die sehr moderate Steigung) hinein ins Tal. Ich bin gespannt auf das letzte Drittel des Anstiegs, denn da soll es deutlich steiler werden.
Die Straße wird teils einspurig mit Ausweichbuchten, das neue Fahrrad läuft gut. Ich sitze ganz ordentlich, ich fahre vollständig mit den Werkskomponenten inkl. Sattel. Nur die Reifen und die Bremsscheiben habe ich gleich zum Kauf tauschen lassen. Leider waren auch hier beim Orbea Orca Billigreifen und billigste Bremsscheiben montiert. Es ist wirklich übel was die Fahrradhersteller hier machen…
Meine Gedanken sind nun aber eher beim Berg als bei den Radherstellern, auch wenn ich den Ärger darüber nicht vollständig ausblenden kann. So erreiche ich etwas in Gedanken versunken Bad (oder Bad Laterns?), hier gibt es eine Kapelle und einen Gasthof. Direkt danach klappt die Straße nach oben.
Man fährt in den Wald hinein, die Straße ist zunächst in Serpentinen geführt, auch recht schmal, einige Wanderer sind hier unterwegs. Noch habe ich die Luft ggf. zu grüßen, auch wenn die Steigung solide im zweistelligen Bereich liegt, meist bei 12 bis 13%. Allerdings auch immer wieder 14%. Zum Wandern ist es hier bestimmt ganz schön, deshalb auch der zahlreiche Ausflugsverkehr, aber zum Radfahren erscheint es mir gerade etwas steil. Ich fahre schnell im kleinsten Gang mit der 1:1 Übersetzung. Aber immerhin kann ich im Wiegetritt immer hochschalten, so dass ich eigentlich einen ganz brauchbaren Rhythmus finde, obwohl ich mich nicht gerade super fühle.
Ich meditiere mich die Steigung hinauf, dabei fällt mir auf, dass ich heute, am Samstag, außer den E-Bikern ganz unten noch keine Radfahrer gesehen habe. Hm. Die Steigung zieht sich und sie liegt jetzt meist bei 14%. Das ist ganz schön heftig, zumal keine deutliche Entlastung zwischendurch kommt. Der Verkehr hatte eigentlich abgenommen je weiter ich ins Tal hineingefahren bin, aber nun nimmt er wieder zu.
Dann fahre ich tatsächlich auf einen Mountainbiker auf, und die Straße flacht deutlich ab. Das Ende des Tals scheint erreicht, und die jetzt fast flache Straße führt in einer langen Kurve im Talende herum. Dann zieht die Steigung wieder auf zunächst 9% an. Hier laufe ich auf einen weiteren Radfahrer auf. Ein Rennradfahrer, allerdings mit viel zu großer Übersetzung, noch viel langsamer als ich. Dem geht es hier schon so wie mir gleich im folgenden 13-14% Stück. Ich ziehe vorbei und nach einer Kurve zieht die Steigung wie erwartet weiter an. Ich versuche trotzdem nicht nachzugeben und mein Tempo zu halten. Die Motivation durch einen anderen Radfahrer muss ich nutzen. Außerdem motiviert die nahende Passhöhe. Allerdings ist es noch ein ganzes Stück zu fahren, und die Steigung lässt nicht nach, 14%, die scheinen dem Straßenbauer gefallen zu haben…
Dann kann man endlich die Passhöhe sehen. Aber die Straße bleibt steil und führt ohne Kurve nach oben. Aber ich bin jetzt sicher, dass ich oben ankomme. Mal schauen ob es auf der Passhöhe Getränke gibt…
Es zieht sich noch etwas, aber dann ist es geschafft. Es gibt kein klassisches Passschild, aber eine große Tafel. Dort mache ich das obligatorische Foto. Die Passhöhe liegt nur bei 1761 Metern, doch ein paar Schneereste liegen noch hier.
Es gibt einen Kiosk, so dass ich Carboloading machen, und meine Flasche mit Apfelschorle und Wasser befüllen kann. Noch ist nicht so richtig viel los hier oben, es ist noch nicht mal 11 Uhr, zeitlich sollte mein Plan den Hochtannbergpass noch einzubauen also auf jeden Fall aufgehen.
So verweile ich nicht allzu lange und fahre ab in Richtung Au. Es bieten sich auf der Ostseite sehr schöne Aussichten auf das Tal des Argenbachs und die Damülser Berge. Was mir aber sofort auffällt, ist, wie gut das Orbea Orca abfährt. Echt der Hammer!
Durch meine schlechte Erfahrung mit dem Cube Agree C:62 dachte ich schon, es liegt irgendwie doch an mir. Aber mitnichten, so muss ein Fahrrad abfahren, es fährt wie auf Schienen. Obwohl nur einfachste Aluräder drauf sind, fühle ich mich bei 70 km/h so wohl wie bei 50 oder 30. Die Bremse tut klaglos ihren Dienst. D.h. auch keinerlei außergewöhnlichen Geräusche, oder irgendwelche Vibration.
Das Cube war wirklich eine Gurke, zumindest die Laufräder, aber wer weiß, vielleicht das ganze Ding. Krass, das Cube mir auf meine Beschwerde mit ausführlicher Schilderung der Problematik nur mit einer Standardmail geantwortet hat und dann gar nicht mehr. So einen erbärmlichen Kundendienst sollte sich wirklich kein Hersteller leisten. Ich versuche mich zur freuen, dass das Orbea so gut fährt, schaffe es aber nicht ganz den Ärger über Cube abzustellen…
Dann konzentriere ich mich aber auf die Abfahrt. Die ist zunächst moderat, dann etwas steiler hinein nach Damüls, und dort biege ich dann ab in Richtung Au. Alternativ könnte ich gleich wieder hinauf zum Faschinajoch fahren, aber das mache ich morgen, und natürlich von ganz unten.
Ich werde etwas von einem Wohnmobil aufgehalten, kann mich dann aber daran vorbeiquetschen, auch wenn die mir nicht gerade freundlich platz machen. Das Fahrrad macht wirklich viel Spaß beim Abfahren. So kann ich nicht nur die Auffahrt, sondern auch die Abfahrt genießen. Nochmal bleibe ich hinter einem Bus hängen, der hält dann aber, so dass ich den Rest der Abfahrt gut rollen kann, am Schluss sogar steil mit 14% Gefälle.
In Au angekommen muss ich mich erst mal orientieren. Schnell ist aber die Straße in Richtung Hochtannbergpass identifiziert. Am Ortsschild Au drücke ich die Runde für den Anstieg ab. Ich habe gar kein Gefühl dafür ob der Pass schwer oder leicht ist, kann mich auch nicht mehr erinnern, dass wir hier beim Race Around Austria letzten Monat drübergefahren sind… hm.
Ich fahre zunächst recht flach die B200, durch Schoppernau, und dann immer weiter an der Bregenzer Ache entlang. Es dauert etwas, doch dann zieht die Steigung an, und liegt meist um 9%. Einige Tunnel sind zu durchfahren, und die Straßenführung ist eigentlich ganz schön. Allerdings fühle ich mich etwas schlapp. Die 9% strengen mich echt an. Die Strecke ist aber wirklich idyllisch.
Die Strecke flacht etwas ab, zieht dann aber in einer Serie von Lawinengallerien und Tunnelabschnitten wieder an. Ich bin überrascht wie schlecht ich mich fühle, obwohl es nicht sehr steil ist. Zum Glück ist das wohl ein easy Pass, so dass ich nicht zu teuer dafür bezahle, dass ich anscheinend überhaupt nicht in Form bin.
Nach einer Brücke erreiche ich dann Schröcken. Und während mir die Strecke bislang gar nicht wie ein richtiger Alpenpass vorgekommen ist, ändert sich das nun. Die Steigung zieht an und bleibt steil. Und dann dämmert mir was das für ein Pass ist. Das ist doch der mit der großen freistehenden Serpentine. Und klar, da ist Tina beim RAA auch drübergefahren, und ich saß im Begleitfahrzeug. Oh man, das wird nochmal hart. Das Wetter ist gut, aber obwohl die Temperaturen moderat bleiben ist es mir etwas zu warm.
Tina hatte mir eine kleine Auswahl von ihren Gels zum Probieren mitgegeben. Das erste teste ich nun unter steilberhoch.com Einsatzbedingungen. Es ist ein komplett flüssiges Gel, da ich ja beim RAA üben konnte wie man die Teile am besten aufreißt, gelingt mir das jetzt trotz Anstrengung recht souverän. Ich quetsche mir das Gel in den Mund und bin erst mal schockiert wie scheußlich das schmeckt. Puh, damit hatte ich nicht gerechnet. Also das wird auf Dauer nicht meins. Aber vielleicht hat das ja einen pushenden Effekt.
Irgendwie hoffe ich, dass es nach dieser recht fotogenen, auf Stelzen stehenden Serpentine nicht mehr allzu weit ist, aber tief drin weiß ich natürlich, dass da noch ein paar Kilometer steilberghoch kommen. Und so ist es dann auch. Ich muss ganz schön kämpfen, zweistellige Steigungsprozente, gerne auch mal 13%, so schraube ich mich Meter um Meter nach oben.
Eine Horde von historischen Mopeds überholt mich, erst so 10 Stück, und dann kommen vereinzelte Nachzügler, die Dinger stinken und verpesten meine Atemluft, sehr unangenehm wenn man sich gerade so anstrengt. Aber immerhin eine Ablenkung…
Nach einer weiteren Serpentine sehe ich einen Parkplatz, ist dass schon die Passhöhe? Weit gefehlt. Aber die Mopeds treffen sich dort. Nur um mich dann Minuten später alle nochmal zu überholen. Dabei pusten die Dinger mir ihr verbranntes Öl ins Gesicht, denn die kommen ja auch kaum den steilen Anstieg hoch, überholen also nur sehr langsam. Dann doch lieber Motorräder, die sind zwar laut aber schnell.
Ich habe schon das Gefühl, der Anstieg endet nie, als sich endlich die Passhöhe abzeichnet. Die Straße flacht ab, und ich erreiche das Passschild. Endlich. Gastro gibt es hier keine, ist mir aber egal. Es gibt einen Trinkwasserbrunnen, so dass ich meine Trinkflasche befüllen kann.
Ich setze mich einen Moment auf die Bank am Passschild. Wie schön ruhig es hier ist. Die anderen haben alle weiter unten an einem Parkplatz gehalten, so habe ich die Passhöhe fast für mich alleine.
Da die andere Seite als Auffahrt komplett uninteressant ist, hatte ich die auch nicht eingeplant. Und so fahre ich planmäßig den Hochtannbergpass wieder hinunter in Richtung Au. Ich verzichte auf die Jacke, was zunächst bitterkalt ist, gerade im oberen steilen Abschnitt, den ich in recht flottem Tempo zurücklege, dann muss ich etwas mittreten, bevor ich es wieder rollen lassen kann. Das wärmt etwas.
Die Beine funktionieren erst mal ganz gut, dann muss ich aber der Anstrengung vom Aufstieg etwas Tribut zollen und mein rechtes Bein fängt massiv an zu Krampfen. Ich muss rollen und versuche dabei das Bein zu Dehnen. Das gelingt so einigermaßen, und ich kann im unteren, flachen Abschnitt der Abfahrt wieder ganz brauchbar treten. Ich beschließe aber in Au eine Stunde Pause zu machen.
Nach ca. 25 Minuten wiedernin Au angekommen, finde ich aber spontan nichts was mir zusagt, so dass ich letztlich an der Shell Tankstelle Pause mache. Hier gibt es Kaffee und Backwaren. Eine Brezel, ein Chroissant und ein Balisto sollten es tun.
Irgendwie fühle ich mich gar nicht fit. Außerdem hatte ich den Hochtannbergpass doch etwas unterschätzt. Blöd, sowas sollte man in den Alpen nie machen. Hier gibt es keine easy Pässe, und wenn man mehrere „kleine“ Pässe hintereinanderhängt kommen schnell eine Menge Höhenmeter zusammen.
Trotzdem habe ich keine Geduld für eine lange Pause. Nach einer halben Stunde sitze ich wieder auf dem Rad. Noch im Ort geht es erst mal steilberghoch, dann rolle ich aber flach bis zum Ortschild, wo ich die Runde für den nächsten Aufstieg abdrücke: Die Nordostanfahrt von Au hinauf zum Faschinajoch.
Kurz hinter dem Ortsschild zieht die Steigung ins zweistellige an, und erreicht bald 14%. Und das bleibt dann auch erst mal so. Ich wusste, dass diese Steigung kommt, aber es nützt ja trotzdem nichts, da muss ich durch. Auch wenn ich mich schlecht fühle und etwas in Sorge bin, dass das Bein wieder krampft.
Durch die Weite des Tals sieht die Straße gar nicht so steil aus, aber auf dem Radcomputer steht recht konstant 14%. Scheint der gleiche Straßenbauer gewesen zu sein wie der von der Furkajoch Westseite. Es gibt keine Serpentinen und damit keine Chance auf Erholung. Die Sonne scheint, ist mir aber gerade schon zu warm. Außerdem ist recht viel Verkehr und eine Menge Motorradfahrer, ich muss jetzt schon kämpfen. Zwei Passauffahrten hätten es wohl auch getan…
Das ich mich nicht so gut fühle liegt aber auch daran, dass ich nicht 100% fit bin. Klar habe ich den Hochtannbergpass unterschätzt, und 14% sind wirklich steil wenn man 83 Kg wiegt, aber etwas souveräner sollte ich hier eigentlich schon fahren. Das wird so jedenfalls ein harter Kampf zurück ins Hotel.
Dann ist der 14% Abschnitt endlich zu Ende, die Staße flacht deutlich ab. Jetzt könnte man eigentlich gut Tempo aufnehmen, aber weder Beine noch Kopf funktionieren gut, bei nun 30° leide ich unter der Hitze, die Beine haben keine Power. Es überkommt mich das Bedürfnis abzusteigen. Ich kämpfe dagegen an. Damüls will ich wenigstens noch erreichen.
Vielleicht wäre es einfacher über das Furkajoch zurückzufahren, aber das ist wesentlich weiter zu fahren. Ich verwerfe den Gedanken. Das Bedürfnis abzusteigen besiege ich auch und erreiche tatsächlich nach einigen, auch wieder etwas steileren, Abschnitten Damüls. Die Beine haben nicht gekrampft bis hierhin, aber ich habe immer das Gefühl, das sie sich an der Grenze bewegen.
Hier vor Damüls kann ich auf die Lawinengallerie hinauf zum Faschinajoch schauen. Eigentlich ist es gar nicht mehr soweit. Und dort fährt man im Schatten, was mir gerade recht käme. Aber es soll doch recht steil sein darin, da dürfen meine Beine dann nicht versagen, ich möchte da nicht bei dem Verkehr stehen bleiben müssen.
Ich fahre auf flacher Straße am Abzweig zum Furkajoch vorbei über eine Brücke. Das rechte Bein krampft. Ich dehne auf dem Rad rollend und bekomme es in den Griff. Mir geht es echt nicht gut, aber die zwei Kilometer sollte ich jetzt doch auch noch irgendwie schaffen.
Ich fahre in die Gallerie rein, hier ist es eigentlich angenehm kühl, aber ich fange sofort an zu frieren. Ok, jetzt weiß ich, dass ich nicht ganz fit bin. Die Steigung zieht auf 11% an und bleibt dann dabei. Ich versuche einen Rhythmus zu finden. Das scheint auch erst mal zu klappen, aber dann krampft das rechte Bein heftig, keine Chance ich muss kurz anhalten und dehnen.
Es sind nur ein paar Sekunden, aber die tun dem Bein außerordentlich gut, ich kann sogar auf einmal ganz normale Leistung treten, das sind Wattzahlen die ich heute noch gar nicht gesehen habe…
Ich kämpfe mich nach oben, die Steigung liegt bei 11% – geht eigentlich noch, doch wenn mann platt ist, sind die kaum zu bewältigen. Ich fahre ein paar hundert Meter, plötzlich krampfen beide Beine und zwar heftig. Das hatte ich schon lange nicht mehr auf dem Rad.
Keine Chance, ich muss nochmal kurz anhalten. Wieder dehne ich, es bringt aber nicht soviel wie beim ersten mal. Ich kann zwar weiterfahren, aber die Beine sind beide ständig kurz vorm Krampfen. Motorradfahrer brausen mit brutaler Lautstärke an mir vorbei, durch die Lawinengallerie wird der brutalo Sound noch massiv verstärkt.
Ich muss jetzt auf dem Rad bleiben, hier in der kurvigen Gallerie stehen zu bleiben ist extrem ungünstig. Es ist ja nicht mehr so weit, noch ein paar hundert Meter. Aber die können lang sein wenn die Beine krampfen. Ich trete weiter, jetzt nicht nur gegen die Steigung, sondern auch gegen die Beine. Das ist mega unangenehm, aber ich will jetzt oben ankommen, nicht mehr stehen bleiben
Der Kopf funktioniert wieder ein bisschen, ich finde etwas Kampfgeist und setzte mich gegen die Beine durch, es tut wirklich weh, aber ich muss jetzt durchziehen. Ein Bus rauscht an mir vorbei, gefühlt 120 Phon, mir dröhnen die Ohren, aber weitertreten, weitertreten, weitertreten Ich kann die ersten Häuser von Fontanella-Faschina sehen, die Gallerie endet, jetzt sind es noch gut 200 Meter.
Die Beine tun brutal weh, es krampft von der Hüfte bis zu den Füßen, egal jetzt ziehe ich durch. Keine Ahnung wie ich auf dem Rad bleiben kann, das nahe Ziel verleiht Superkräfte. Dann endlich bin ich am Passschild angekommen. Geschafft!
Dritte Auffahrt für heute, auch wenn es ziemliches Gegurke war. Egal. Kurz nach mir kommt ein weiterer Rennradfahrer, wir machen gegenseitig das Passchildfoto, Ich bin völlig platt.
Zum Glück ist hier gerade Streetfood Festival. Es gibt Liegestühle! Essen kann ich zwar nichts, dann würde mir jetzt schlecht werden, aber im Liegestuhl liegen geht super. So mache ich eine Viertelstunde Pause bevor ich abfahre.
Mir ist in der Abfahrt trotz Jacke kalt. Ich kann mich aber wieder über die Abfahrtsqualitäten meines Orbea Orca freuen. So erreiche ich recht schnell Fontanella, dann Sonntag mit seinen verschiedenen Ortsteilen. Und dann auch Garsella.
Ab hier hat man zwei Varianten zur Auswahl, die Fahrt über Raggal oder über Thüringerberg. Ich entscheide mich für letztere, da ich diese Strecke ja morgen bergauf fahren will, und mich so schon etwas orientieren kann.
In der bisherigen Abfahrt war es mir trotz Jacke kalt, was wirklich ungewöhnlich ist für mich. Mir geht es wirklich nicht gut. Und als die Strecke hinter Garsella erst mal wieder berghoch geht, klappe ich auch mental etwas zusammen. Ich will echt nicht mehr bergauf fahren heute.
Muss ich aber. Die Beine krampfen schon wieder, ich muss kurz anhalten. Weiterfahren, nochmal anhalten. Dann bekomme ich es in den Griff. Nach jeder Kurve erwarte ich den höchsten Punkt, aber es geht immer weiter berghoch, so um 9% meist, auch mal weniger, aber es fühlt sich alles gerade viel zu steil an.
Ich konnte mich an so eine lange Abfahrt bei Tinas Auffahrt hier im Rahmen des RAA gar nicht mehr erinnern. Als es nach der nächsten Kurve immer noch bergauf geht verliere ich die Geduld und fluche den Berg an. Ich schreie meinen Frust raus.
Schließlich erreiche ich Blons, hier wird es flach, und dann geht es endlich wieder bergab. Ich erreiche Thüringerberg, fahre jedoch nicht die Abfahrt weiter runter, sondern biege ab in Richtung Feldkirch. Ich hoffe das ist die kürzeste Strecke. Und ich mag in meinem Zustand nicht mehr kilometerlang auf der B190 bei viel Verkehr fahren, das schaffe ich gerade nicht.
Die Strecke führt nun eher sanft bergab, ich friere auch nicht mehr. Allerdings zieht sie sich doch noch unerwartet lang. Mir gehen echt die Körner aus, ich hoffe nur die Krämpfe kommen nicht wieder. Die Strecke will nicht aufhören, und doch erreiche ich dann immerhin Frastanz, und fahre die restlichen paar Kilometer über die B190 hinein nach Feldkirch.
Endlich, ich schleppe mich ins Hotel, das war heute eigentlich ein riesen Tag mit drei schönen Passauffahrten, tollen Abfahrten und das Fahrrad läuft auch super. Ich bin allerdings zu platt um es zu genießen, hoffentlich bin ich morgen fitter. Wäre nicht das erste mal, dass ich einen leichten Infekt „rausfahren“ kann. Aber morgen fahre ich nur wenn es mir gut geht. Wenn es so ist wie heute breche ich ab.