steilberghoch

Ultracycling und Alpenpaesse

Tag 66 Carlisle – Lancaster

Freitag 05.06.2009

Wetter: Regen, nachmittags Nieselregen 4 bis 6°
Tageskilometer: 120
Gesamt zurückgelegte Kilometer: 5894
Tages-Fahrzeit :5:48 h
Gesamte Fahrzeit: 295:39 h
Durchschnittsgeschwindigkeit: 20,6 km/h
Tageshöhenmeter: 1493
Gesamt Höhenmeter: 63141
Maximale Steigung 21%
Maximalpuls: 169
Durschnittliche Pulsfrequenz: 129

Zunächst verfahre ich mich aus Carlisle heraus etwas und fahre nicht wie geplant über die 595 direkt in den Lake District Nationalpark, sondern lande auf der A6, die auch nach Süden führt. Ist nicht so schlimm, im Nachhinein gesehen, sogar eher gut.


Die Straßenführung ist nach wie vor englisch, aber da die Hügel nur einstellige Prozente hergeben, ist es nicht so anstrengend. Die Landschaft ist ganz nett, allerdings regnet es stark, so dass ich nicht soviel davon mitbekomme. Die Schuhe weisen sich dem Regen erneut nicht gewachsen, so dass ich schon nach zwanzig Kilometern nasse Füße habe, und nach zweiundzwanzig Kilometern kalte.


Bei Penrith geht es über die 592 in den Lake District. Und hier wird die Landschaft wirklich außergewöhnlich schön.


Am Ullswater entlang, angeblich Englands schönstem See, führt die Straße geschützt von Laubbäumen. Neben sanften grünen Hügeln, gibt es jetzt auch höhere, schroffere Felsen. Bei Sonnenschein sicher das reinste Idyll. Da es jetzt ziemlich schüttet, ist es nicht ganz so idyllisch, aber mit den Tiefen Wolken hat die Landschaft auch ihren Reiz.




Heute morgen hatte ich noch die Fähren zur Isle of man und zurück gebucht. Da gerade die legendären TT Motorradrennen stattfinden und morgen auch noch Valentino Rossi auf die Insel kommt, verliere ich zwei Tage und kann erst morgen hin und am Montag zurück, selbst die Fähren nachts um drei sind ausgebucht. Übernachtungen habe ich keine und angeblich ist alles dicht. Schaun mer mal…

Da also die Fähre sowieso erst morgen nachmittag fährt, und ich schon fast die Hälfte der Strecke bis Lancaster hinter mir habe zögere ich ganz kurz, als ein schönes kleines Hotel direkt am See mit Swimmingpool und Free WiFi wirbt. Es schüttet in Strömen, die Temperatur ist fünf Grad, meine Füße sind deutlich kälter als fünf Grad, und ich bin nass bis auf die Knochen. Da wäre es doch traumhaft nach einer heißen Dusche im Swimmingpool zu planschen…

Natürlich fahre ich weiter, denn hier sind doch einige Berge, und nachdem die Straße bis jetzt ganz gut zu fahren war, bin ich doch misstrauisch. Und die Fähre will ich natürlich auf keinen Fall verpassen.


Mein Misstrauen bestätigt sich nachdem ich den See umfahren habe. Denn nun gilt es den Kirkstonepass zu überqueren. Und da der Engländer keine Serpentinen mag…


Die Landschaft ist fantastisch, der Lake District ist auf jedenfall einen Urlaub wert. Fast schon spektakulär, zumindest bei diesem Wetter. Aber jetzt gilt es erst mal den Berg hochzukommen.


Die vollmundige Ankündigung mit 20% über eine Meile erweist sich zum Glück als übertrieben. Zwischendurch gibt es immer wieder 15 oder gar 12 Prozent zum Erholen. Ich bin selbst erstaunt, aber mit zwei kleinen Pausen komme ich ganz gut hoch. Dann gehen der Trollstigen oder Alp d’Huez auch! Auf dem Pass noch die Beweisfotos, sonst glaubt mir das keiner, und dann geht es die Abfahrt auf der anderen Seite herunter.



Die Aussichten, die sich trotz Regens bieten sind fantastisch, allerdings sind die Hände durch die Nässe und den Fahrtwind mittlerweile so kalt, dass ich erst im dritten Versuch ein Foto hinkriege, und auf weitere Fotostopps verzichte.


Mein Ziel zum Mittagessen ist Windermere, ich überlege kurz ob es klüger ist ein Hotelzimmer zu nehmen und sich aufzuwärmen und den Rest morgen noch zu fahren, aber ich beschließe erst mal was zu essen und dann zu entscheiden.

In Darryls kleinem Cafe bestelle ich „Darryls Special“, das so aussieht,


und esse was sonst noch reingeht, natürlich mit ordentlich Tee. Ziel ist es möglichst viel heißes Essen in den Körper zu bringen, um das Ganze von innen auf Temperatur zu bringen. Die Schuhe lasse ich an, zum Trockenfönen gibt es nichts, und wärmer werden die Füße so oder so nicht. Wasserdichte Schuhe, die nicht wasserdicht sind, sind schlicht sinnlos, so dass ich die entsorgen muss und mich nach einer anderen Lösung umsehen muss. (Einen Brief an die Herren von Shimano werde ich sicherlich noch schreiben!)

Trocken wird zwar nichts, aber bis auf die Füße wärmt sich tatsächlich alles einigermaßen auf, vor allem die Hände. Sehr gut. Also beschließe ich die letzten fünfzig Kilometer noch zu fahren, in Lancaster wird sich sicherlich eine heiße Dusche finden, und wer weiß was da noch für Pässe kommen.

Es kommen aber keine Pässe mehr, stattdessen werde ich mit ziemlich heftigem Verkehr konfrontiert, schließlich bin ich wieder in England und hier ist meist genauso viel Verkehr wie in Deutschland, nur gibt es weniger Straßen. Ich schaffe es die Autobahn zu vermeiden, bin aber auch froh Lancaster heil zu erreichen.


Es nieselt nur noch, die Füße erreichen durch das Treten eine Temperatur mit der man arbeiten kann und in Kendal findet sich ein Bikeshop mit sehr nettem Personal.




Dort besorge ich mir einen Ersatzschlauch und vor allem wasserdichte Überschuhe für die anderen Radschuhe, so dass ich die Shimanos nach Hause schicken kann.
In Lancaster angekommen fahre ich eine Runde durch die City und werfe noch einen Blick in die wenig spektakuläre Kathedrale, bevor ich im Crows Motel lande. Explizit steht hier Internet unter Motel, unter Bar, unter allem, anscheinend eine Hochburg der modernen Datenautobahn. Wie so oft, hat keiner eine Ahnung, das Passwort finden sie noch raus, aber IP Adresse vom DHCP Server kommt keine. Nix Internet. Dafür ist das Zimmer für englische Verhältnisse eine Sensation, mit „richtiger“ Dusche, genau das was ich brauche.





Nach einer Runde zu Fuß durch die Stadt gibt es noch etwas Proteine, Kohlehydrate und Vitamine, und ein spannender Tag geht zu Ende.

In der Addition von heftigem kalten Regen und , einem zwanzig Prozent Pass und dicht vorbeirauschenden LKWs ergibt sich ein „beinharter“ Tag. Als Belohnung gab es die tollen Landschaften des Lake District Nationalpark, die mich wirklich überrascht haben, eine neue, mir bis jetzt unbekannte, Facette Englands, und außerdem die sehr netten Leute aus dem Bikeshop, die interessanten kleinen Städte, und natürlich Lancaster.

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