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Ultracycling und Alpenpaesse

Aerodynamiktest auf der Bahn mit STAPS

Die Grundlage für eine erfolgreiche Teilnahme am Race Across America ist offensichtlich Training und ein guter körperlicher Gesamtzustand. Um aber in Annapolis in der erforderlichen Zeit anzukommen, muss man sich auch um die Optimierung des Materials kümmern.

Das wichtigste dabei ist sicher die Sitzposition. Hier gilt es „gut“ zu sitzen, effizient treten zu können, den Nacken maximal zu entlasten (um Shermers Neck zu vermeiden) und schließlich dem Wind möglichst wenig Widerstand entgegenzubringen. Dann folgt die aerodynamisch Optimierung von Kleidung, Laufrädern usw.

Zu diesem Zweck war ich heute in Augsburg auf der Bahn und habe mit Hilfe von STAPS den zweiten Teil meines Bikefittings absolviert. Während es beim ersten Teil in Münster bei gebioMized darum ging die optimale Sattelposition zu finden und das Cockpit voreinzustellen, ging es nun darum das Cockpit feinzutunen, um bei möglichst entspannter Position noch eine brauchbare Aerodynamik zu haben.

Damit haben wir den Testtag dann auch begonnen. Es waren noch weitere Fahrer auf der Bahn die ebenfalls getestet haben, was aber problemlos ist, da für jeden Testlauf nur einige Runden auf der 200m Bahn zu absolvieren sind. Dann wird geschaut was sich geändert hat und die nächste Einstellung ausprobiert, d.h. es gibt immer wieder Umbaupausen.

Für Jonas von STAPS, der den Test mit mir durchgeführt hat, war das von der Sitzpositionseinstellung her natürlich nicht so spannend, denn im Gegensatz zum Triathlet oder Zeitfahrer bin ich als RAAM Solofahrer sehr eingeschränkt in den möglichen Variationen am Cockpit. Da ich nicht nur viele Stunden, sondern viele Tage in der Position fahren muss, kann man sie nicht so „scharf“ stellen. Auch schon im Gegensatz zum Race Around Ireland ist die Position nochmals höher und damit ist der Körper mehr im Wind.

So haben wir pro Fahrrad nur zwei Positionen getestet, die beide für einen Zeitfahrer völlig außer Frage wären, da ich sehr aufrecht auf dem Rad sitze. Das muss aber sein um die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Shermers Neck zu verringern. Als „Shermers Neck“ bezeichnet man das Versagen der Nackenmuskulatur was das Heben des Kopfes unmöglich macht und ein vorzeitiges Aus beim Race Across America bedeuten könnte.

Nachdem wir mit der Sitzposition also nur eingeschränkt experimentieren konnten, die Rahmensets vorgegeben sind durch die Fahrräder die ich fahre, bleiben noch Laufräder, Kleidung, Helm.

Auch bei der Kleidung und beim Helm sind die Vorgaben eng. Da es im Juni bei der Wüstendurchquerung große Hitze auszuhalten gilt, habe ich nur zwei unterschiedliche Trikotmodelle für die heißen Abschnitte, und nur eines für evtl. kühlere Temperaturen in den Rocky Mountains. Alles andere wird ggf. durch das Unterhemd ausgeglichen.

Bei den Helmen ist die Kühlung ein wichtiger Faktor, so dass ich auf Tests mit geschlossenen Zeitfahrhelmen verzichtet habe. Zur Auswahl stand mein bisheriger Helm, sowie drei Topmodelle von unterschiedlichen Herstellern die gute Belüftung mit guter Aerodynamik verbinden sollen.

Gute Nachricht an der Bekleidungsfront, mein neues Wüstentrikot ist aerodynamisch ganz gut und das beste aus meiner Sammlung. Bei den Helmen musste ich den Giro Synthe gleich aussortieren, weil er mit meiner Kopfform nicht gut harmoniert.

Baseline war mein alter Bell Volt. Mit dem neuen Bell Zephyr spare ich 3 Watt bei der gefahrenen Geschwindigkeit (genaue Auswertung in einem folgenden Beitrag), mit dem S-Works Prevail III von Specialized sogar 4 Watt. (Getestet habe ich natürlich in RAAM Konfiguration, d.h. mit montiertem Funksystem und Mikro.)

Der beste Helm für mich ist also schnell gefunden. Wobei der Zephyr extrem angenehm zu tragen ist. Allerdings ist er auch über hundert Euro teurer, so dass ich mich für den Prevail entschieden habe.

Mit diesem Helm haben wir dann auch die Laufradtests durchgeführt. Hier hatte ich die beim Race Around Ireland benutzten Citec 3000S Aero Carbon und Zipp 404 dabei, sowie Lightweight Meilenstein und Zipp 808 NSW, also die Konfiguration die ich beim RAAM 2014 gefahren bin. Die wurden mir freundlicherweise von Delta Bike Sports (www.delta-bike.de) zur Verfügung gestellt. Vielen Dank nochmal dafür!

Wir haben die Laufradsets in beiden Fahrrädern ausprobiert, selbstverständlich mit gleicher Bereifung – mit teils erstaunlichem Ergebnis.

So wird ja gerne in Fachzeitschriften behauptet, dass die Lightweights aerodynamisch nicht auf dem Stand der Technik wären (Felge nicht breit genug usw.) und die 808 waren der klare Favorit. Die 3000S Aero Carbon, als sehr alltagstaugliche Allroundfelgen mit Alubremsflanken und normal hohem Profil, sollten hinten liegen.

Die Messungen zeigten dann auch, dass die Citec die deutlich langsamsten Laufräder in diesem Vergleich waren. Der Abstand war recht groß, so dass wir im zweiten Rad nur noch die anderen drei Sätze getestet haben. Bis hierhin also das zu erwartende Ergebnis.

Dann zeigte sich aber, dass, zumindest für diese spezifische Fahrsituation und meine Konfiguration, die Lightweights die „schnellsten“ Laufräder sind. Gefolgt von den 2016er 404 von Zipp. D.h. die 80mm Felgen von Zipp in der absoluten Topversion 808 NSW waren langsamer als die 40mm Felge aus gleichem Hause in der „Normalversion“. Und sie waren langsamer als die Lightweight Meilenstein. Das ist wirklich ein überraschendes Ergebnis.

Wir waren so verwundert, dass wir den Test wiederholt haben, aber das Ergebnis hat sich bestätigt. Offensichtlich funktionieren die 808 nur unter bestimmten Bedingungen wenn der versprochene „Segeleffekt“ eintritt. In den Fahrradzeitschriften wird das mit Labortests belegt.

Nun haben wir auf einer Indoorbahn keinen Wind, aber im Gegensatz zu einem Dummy im Labor sind die Bedingungen viel realistischer, da genau der Fahrer der im Rennen nachher fährt, in der tatsächlichen Haltung auf genau dem genutzten Fahrrad fährt.

Auch wenn es hier also nicht zum Segeleffekt kommt, hätte ich doch erwartet, dass die 808 prinzipiell schneller sind als die 404. Da die Laufradsätze auch vom Gewicht her sehr ähnlich sind, können nur die Naben und die Aerodynamik verantwortlich sein für die Mehrleistung die ich mit den 808 treten musste.

Interessant auch, dass die Meilenstein von Lightweight die Zipp 404 in dieser Situation schlagen. Das Verbreitern der Felge aus aerodynamischen Gründen scheint also nicht grundsätzlich vorteilhaft zu sein, auch das „Golfballprofil“ zeigte keine Vorteile.

Die schnellste Kombination: Cannondale SuperSix Evo 2012 mit Lightweight Meilenstein

Für mich folgt daraus, dass ich das RAAM gerne mit den Meilenstein fahren würde, denn neben der guten Aerodynamik spricht vor allem das geringe Gewicht und der sehr komfortable Fahreindruck für diesen Laufradsatz.
Auch die Zipp 404 werde ich sicher mitnehmen, denn die waren einerseits nicht so schlecht und andererseits habe ich sie schon…

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1 Kommentar

  1. Karsten 26. April 2017

    Top Bericht, sehr interessante Ergebnisse, danke Guido!

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