Wetter: morgens sonnig, nachmittags öfter Regen 10 bis 14°
Ruhetag
Morgens beim Frühstück treffe ich Radler aus England, die auf dem Weg nach Landsend sind. Die Strecke John o‘ Groats nach Landsend ist eine beliebte Tour, nicht nur bei Radfahrern, sondern auch bei Wanderern und all jenen, die Großbritannien von der äußersten Nordostspitze zur äußersten Südwestspitze durchqueren wollen.
Das ist endlich mal ein interessantes Frühstücksgespräch, ich verpasse fast die Fähre zu den Orkneys…
In 11 Tagen bei ca. 1000 Meilen, das macht so ungefähr 150 Kilometer am Tag. Die beiden haben einen „Materialwagen“ und liebevolle Betreuung dabei, aber gegen den Wind werden sie wohl ordentlich zu kämpfen haben, denn Richtung Süd / Südost hat man doch meist Gegenwind.
Anyway, ich wünsche euch von hier viel Erfolg!!
Mein Fahrrad bleibt heute in der Garage des kleinen Hotels. Mit der Fähre geht es auf die Orkneys, und dann mit dem Bus weiter, zunächst nach Kirkwall. Der Busfahrer und Reiseführer ist ein Local, wenn auch gebürtig aus Brighton, die Erläuterungen und Hintergrundgeschichten sind klasse.
Interessanterweise bestehen die Bewohner der Orkneys (Orcadians genannt) ungefähr genauso heftig darauf keine Schotten zu sein, wie die Schotten keine Briten sein wollen. Sie fühlen sich vielmehr noch stark mit Norwegen verbunden, obwohl es jetzt auch schon über 500 Jahre her ist, dass die Orkneys zu Norwegen gehörten.
Stromness ist der erste längere Besichtigungspunkt ein ganz nettes kleines Städtchen, dort ist gerade ein Folk Festival, und beim Mittagessen gibt es Lunchsessions. Man merkt aber, dass die Musiker noch nicht ihr nötiges Alkohollevel haben, die Musik kommt etwas schlapp rüber, das geht abends bestimmt anders ab.
Von Stromness geht es nach Skara Brae, ein Steinzeitdorf, dass auf ca. 3100 vor Chr. datiert wird. Eigentlich sensationell. Möbel aus Stein, und die ganze Anlage des kleinen Dorfes ist noch erhalten. Es war im Sand begraben, bis es 1850 von einem Sturm freigeblasen wurde.
Ich frage einen der Angestellten dort wie es den datiert wurde. Er meint wohl anhand der zwei Skelette die dort gefunden wurden, die sind allerdings im Krieg verloren gegangen. Wenn er nicht den Falklandkrieg gemeint hat, dann gingen sie also wohl sieben Jahre bevor die Radiocarbonmethode entwickelt wurde verloren. Irgendwie macht mich das misstrauisch. Auch, dass keine weiteren Ausgrabungen stattfinden, um den Teil den man jetzt besichtigen kann nicht zu zerstören finde ich verwunderlich.
Anyway, es gibt dort auch das Skall House zu besichtigen, viktorianisch und nicht so spannend.
Dann geht es weiter zum Ring of Brodgar
und den Standing Stones of Stenness.
Monumente ähnlich wie Stonehenge, über deren Bedeutung es verschiedene Vermutungen gibt, und die ebenfalls auf ca. 3000 vor Chr. datiert werden.
Wir fahren auch an Maes Howe vorbei, eine steinzeitliche Grabkammer, die ich mir sehr gerne angeschaut hätte, aber mehr wie Bilder von außen sind nicht drin. Das ist halt so ein Kompromiss, den man machen muss wenn man so eine Gruppentour bucht.
Die Orkneys hatte ich mir als schroffe Felsen vorgestellt, sie präsentieren sich aber, vor allem morgens bei Sonnenschein, als sanfte grüne Hügel, die einen riesigen natürlichen Hafen, nämlich Scapa Flow umgeben. Eigentlich gut zum Fahrradfahren, allerdings blasen hier meist heftige Winde über das Land.
Als viele Fischer Anfang der fünfziger auf Hühner umstellten und nach einiger Zeit fast den kompletten Norden Schottlands mit Eiern belieferten, wurde diese „Industrie“ an einem einzigen Tag zerstört, als ein Hurrikan hunderttausende von Hühnern in den Atlantik und die Nordsee gefegt hat.
Scapa Flow hatte ursprünglich sechs oder sieben Ein- / Ausgänge, die wurden aber bis auf zwei die gut zu überwachen waren vom britischen Militär schon früh durch das Versenken alter Schiffe geschlossen. Als im 2. Weltkrieg ein deutsches U-Boot durch diese Sperren geschlüpft ist und ein großes britisches Schlachtschiff versenkt hat, ließ Churchill die „Barriers“ bauen. Ein Riesenprojekt, bei dem Millonen von Tonnen Gestein im Meer versenkt wurde.
Ausgeführt wurden diese Arbeiten von italienischen Kriegsgefangenen, die sich mit den bescheidenen Mitteln, die in einem Kriegsgefangenenlager verfügbar waren eine Kapelle bauen durften. Die kann man heute noch besichtigen, und sie wurde restauriert. Wirklich sehenswert.
In Scapa Flow lag auch die deutsche Flotte zum Ende des 1. Weltkrieges gefangen. Nach Monaten in denen die Besatzungen der Schiffe auf den Schiffen ausharren mussten, hat sie sich selbst versenkt. 74 große Kriegsschiffe, gehen gleichzeitig unter, das muss ein spektakuläres Schauspiel gewesen sein.
In Kirkwall gibt es die historisch bedeutende St. Magnus Kathedrale zu besichtigen, und die Ruinen eines Palastes.
Wir erfahren noch, dass eine Pipeline auf den Orkneys endet, und dann hier die Tanker beladen werden.
Eine sehr schöne Tour, aber irgendwie hat mich der Ruhetag mehr angestrengt als die Fahrradtage zuvor, so dass ich die auf den Orkneys erworbenen Lebensmittel zu einem Abendmenü verarbeite und dann früh ins Bett gehe.