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Ultracycling und Alpenpaesse

Glocknerman 2016 – Das Rennen

Das Aufwachen funktioniert auch ohne Wecker. Das Followcar wurde gestern gepackt, alles was es zu besprechen gibt wurde besprochen, hoffentlich jedenfalls. Jetzt heißt es nur noch ordentlich frühstücken, duschen und ein bisschen ruhen.

Das Team ist schon noch in Action mit letzten Vorbereitungen, aber ich versuche mich rauszuhalten und im Bett zu dösen.

Um Viertel nach elf schnappe ich mein Fahrrad. Katrin, Oli, Gerd und Lydia fahren mit den Autos zum Center West, ich schlendere mit dem SuperSix zum Mariahilfer Platz.

Dort ist der Start des „Grazer Cityradeln“. Die Glocknermanteilnehmer werden geschlossen vor dem Feld herfahren. Hier am Sammelpunkt treffe ich auch einige Fahrer die ich schon beim Trainingscamp zur Streckenbesichtigung kennengelernt habe.

Der Moderator erzählt etwas über das Cityradeln, über die Veranstalter, über Graz und auch über Christoph Strasser, der heuer beim Cityradeln dabei ist. Der große Respekt vor Christoph und seinen Leistungen beim RAAM ist deutlich zu spüren, die Fahrer lassen sich gerne mit ihm fotografieren und in einem kurzen Interview berichtet er über seine Pläne für 2016 und seinen Gesundheitszustand nach dem Unfall Ende letzten Jahres.

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Nachdem auch die Glocknermanteilnehmer als Elite des Radsports angepriesen wurden geht es dann endlich los. Ziemlich pünktlich um 12 Uhr mittags setzt sich der Tross in Bewegung. Wir Langstreckenfahrer fahren, angeführt von Jacob Zurl und dem Führungsfahrzeug, vor dem Cityradlerfeld her.

Wir rollen ganz langsam durch die Stadt. Ist mir aber nur recht, sanft einrollen ist immer gut. Ein paar Worte wechsle ich noch mit dem einen oder anderen, aber meist rolle ich so vor mich hin.

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Nach einer guten halbe Stunde sind die 8,7 Kilometer geschafft. Während die Cityradler direkt zur Labstation fahren können, fahren die Glocknermanteilnehmer zum Start. Die Reihenfolge hatten wir ja gestern schon beim Schlossbergman ausgefahren.

Gerade als ich im Startzelt stehe und gleich auf die Startrampe muss, knallt mir eine Cityradlerin mit ihrem Damenrad mit Wucht von der Seite hinten gegen das Rad. Da hatte der Blick auf das Buffet der Labstation wohl etwas die Kontrolle genommen.

Zum Glück sind die Laufräder unversehrt, aber sie ist wohl genau gegen die Hinterradbremse gefahren, die jetzt das Rad blockiert. Verdammt das muss doch nicht sein. Hektisch fummele ich an der Bremse herum, kriege sie aber nur mit Gewalt ein Stückchen vom Rad weg und mache sie dann einfach auf, so dass sie wenigstens nicht am Rad schleift. Denn jetzt werde ich auch schon aufgerufen und muss auf die Startrampe.

Nach einem kurzen Interview in dem ich auf die Frage, was ich mir denn für das Rennen wünsche nur sagen kann, dass alle sturzfrei durchkommen sollen, und dass ich rechtzeitig zur Finisherparty wieder da sein möchte, werden die letzten Sekunden heruntergezählt und es geht los.

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Etwas wackelig rolle ich von der Rampe, bis ich im Pedal bin dauert‘s auch noch etwas, dann gebe ich Gas. Aber nicht sehr lange, denn ich muss mich entscheiden ob ich links oder rechts fahren soll. Keine Ahnung, der Posten der da steht macht keinerlei Zeichen, kein Schild, ich biege rechts ab.

Der Garmin piepst nicht, aber falsch ist es trotzdem, ich kann das Display in der Sonne nicht gut ablesen. Verdammt. Ich drehe verunsichert um, frage den Streckenposten, der ist aber nur Cityradler Guide und meint er weiß es auch nicht, aber die anderen wären da lang gefahren. Ok, also links.

Jetzt aber Gas geben, einen erheblichen Teil des Vorsprungs den ich mir beim Prolog erkämpft habe, habe ich jetzt schon versemmelt. Die nächsten Kreuzungen kann ich immerhin vom Edge 1000 ablesen, dann geht es erst mal länger auf einer Straße entlang hinaus aus Graz. Also die ersten drei Kreuzungen hätte man wirklich beschildern können, da hat man als Fahrer doch genug zu tun, dass ist kein großer Aufwand für den Veranstalter und es hilft den Teilnehmern enorm. (ja ich habe das Startvideo mehrmals angeschaut, aber in der Startsituation kann ich mich bestimmt nicht mehr an so ein Video erinnern, ist was ganz anderes als wenn man es selbst gefahren ist.)

Anyway, ich versuche nicht zu langsam zu fahren, auch wenn ich am Anfang natürlich nicht überziehen will. Ich bin als Neunter gestartet, nach vorne werde ich zunächst sicher niemanden überholen, mal schauen wann der erste von hinten kommt.

Ich erkenne die Strecke wieder, wie wir sie auch vor drei Wochen gefahren sind, bin gespannt wann und wo Katrin und Oli mit dem Followcar zu mir stoßen.

Es dauert ca. eine halbe Stunde bis die beiden mich mit dem Auto einholen, Getränke hatte ich aber genug. Wir haben dann sogar Funkkontakt. Hier hatte ich kurzfristig ein neues System besorgt, ob sich das bewährt müssen wir nun direkt im Ernstfallbetrieb testen.

Nach ca. 28 Kilometern geht es in die erste ernsthafte Steigung. Hinauf bis nach Kitzeck. Ich bin ja mit dem Bergrad gestartet, das ein Kilogramm leichter ist, als das Specialized Roubaix SL4 und das mit 34-32 eine echte Bergübersetzung hat. Allerdings ist der Auflieger für die flachen Passagen etwas „scharf“ eingestellt. D.h. auch auf den flachen Passagen ist es kein gemütliches Erholen in den Armauflagen, sondern man kämpft auch da und muss mit ordentlicher Körperspannung arbeiten. Momentan ist das noch kein Problem.

Der Anstieg ist zu meistern, aber doch recht anstrengend. Mir ist es viel zu warm, deutlich über zwanzig Grad, gar nicht meine Temperatur, aber das wird heute natürlich noch viel wärmer, also nicht jammern, sondern fahren. Innerlich freue ich mich aber schon auf die Nacht.

Mittlerweile ist auch das zweite Begleitfahrzeug in der Nähe. Das hat also schon mal geklappt. Immerhin hatte ich das Team recht spontan zusammengewürfelt, so dass wir vorher nicht trainieren konnten und nur eine einzige kurze Besprechung vor der Anreise hatten. Ich bin gespannt ob sich alle gut verstehen und ob alle die Belastung gut vertragen. Aber prinzipiell glaube ich, dass alle vier dem gut gewachsen sind. Vom gezeigten Engagement bin ich sowieso schon positiv überrascht. Ich bin immer wieder berührt davon, wie sich andere für mich so einsetzen um das große Ziel „finishen“ zu erreichen.

Die Abfahrt von Kitzeck gibt etwas Entspannung. Die nächsten gut zwanzig Kilometer geht es dann immer leicht bergauf, bis die Steigung deutlich anzieht. Es haben mich schon drei, vier Radfahrer überholt, genau weiß ich es nicht mehr, die Platzierung ist mir momentan aber auch egal, ich muss erst mal überhaupt bis Winklern kommen, dann mal schauen wie ich die Lesachtalrunde überstehe, und wenn ich dann tatsächlich auch noch zweimal über die Großglocknerhochalpenstraße drüberkomme, dann kann ich über sowas nachdenken.

Jetzt in der Soboth wird es doch ganz schön anstrengend. Eigentlich ist mir das sogar zu anstrengend. Das Essen klappt nicht, ich kann nicht wirklich genug Ensure zu mir nehmen, der Magen rumort etwas, eine Toilette wäre auch nicht schlecht. Dabei ist es im Ultraausdauersport essentiell, dass man genügend Energie und Nährstoffe zuführt.

Außerdem merke ich den linken Oberschenkel und zwar an der Stelle, am Sehnenansatz, wo er mich schon beim RAAM ausgeschaltet hat. Dass das Knie auch noch latent schmerzt macht das Fahren nicht gerade harmonischer. So fahre ich nicht wirklich super den berg hoch, aber immerhin leiere ich mich bis oben hin.

Durch den Schweiß sind die am Helm festgeklebten Ohrhörer abgegangen, so dass das Funkmodul nur noch ein Dummy ist. Ein Reperaturversuch im Followcar (das bis hier immer noch im Leapfrogmodus agiert) ist fehlgeschlagen. Wir fahren einfach ohne Funk.

Ist natürlich einerseits ungünstig, da Kommunikation nur über Handzeichen und Nebenherfahren funktioniert (letzteres ist aber hier gar nicht möglich und auch später natürlich von der Verkehrssituation abhängig), andererseits habe ich auch gerne meine Ruhe auf dem Rad, zumindest solange es mir einigermaßen gut geht.

So gurke ich die Soboth hinauf. Zwischendurch gibt es immer mal ein Getränk vom „froschspringenden“ Followcar.

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Oben angekommen geht es gleich in die Abfahrt. Die Lightweight Laufräder, die mir freundlicherweise delta-bike.de zur Verfügung gestellt hat fühlen sich in der Abfahrt etwas weich an. Das Gefühl hatte ich anders in Erinnerung. Na egal, die Abfahrt ist ganz gut zu fahren. Nur am Ende, als es an der Einfahrt vorbeigeht an der der Traktor vor drei Wochen Martin erwischt hat, fahre ich übertrieben aufmerksam.

Am Abzweig auf die Bundesstraße versuche ich dann in den Ultracyclingmodus zu schalten, gelingt mir aber noch nicht richtig. Die Strecke führt jetzt leicht bergauf, ist aber gut im Auflieger zu fahren. Nur fühle ich mich momentan noch wie in einem normalen Radmarathon, bei dem es gerade nicht gut läuft.

Mehrmals würde ich am liebsten mein Fahrrad abstellen und einfach aufhören. Ich könnte doch irgendwo schön in einem Cafe sitzen und in Ruhe einen Cappuccino trinken. Ich muss mir nichts beweisen, ich habe das härteste Radrennen der Welt gefinished, also warum gebe ich mir das noch?

Mich beschleicht das Gefühl, dass an dieser Tankstelle irgendwo vor Annapolis, die das offizielle Ziel des RAAM markiert, alle Kraft und Motivation aus meinem Körper gefahren ist. Danach habe ich kaum die letzten Parade-Kilometer zum Hafen geschafft, die Folgesaison war geprägt von seltsamen Höhen und Tiefen, und auch die Vorbereitung für diese Saison lief seltsam holprig. Vielleicht hat man nur eine bestimmte Menge Wettkampfmotivation und die ist irgendwann aufgebraucht. Eigentlich will ich nur noch alleine morgens früh einen schönen Alpenpass hochfahren, oben einen Cafe trinken und die Landschaft genießen.

Stattdessen quäle ich mich hier schon nach hundert Kilometern mit Magenproblemen, Schmerzen in Oberschenkel und Knie, und muss noch 900 Kilometer fahren und dabei für mich unglaubliche 16000 Höhenmeter bewältigen. Das schlimme dabei ist, dass ich sehr sehr gut einschätzen kann was 16000 Höhenmeter bedeuten.

Ich widerstehe dem Bedürfnis stehen zu bleiben. Natürlich teile ich meine Gedanken auch nicht mit dem Team, auf dem Rad sieht von weitem ja alles normal aus…

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Auf dem Weg zum dritten Anstieg überholt mich Rainer Popp, wir unterhalten uns kurz, seit 2014 haben wir mit Stephan Sieber einen gemeinsamen Bekannten, der sich spontan bei mir gemeldet hatte als er von der RAAM-Teilnahme 2014 erfuhr, denn er hatte mit Rainer das Rennen schon erfolgreich bestritten.

Auch Rainer zieht dann davon, momentan bringe ich nicht viel Leistung auf die Pedale. Katrin und Oli arbeiten souverän im Followcar. Sie dürfen zwar jetzt direkt hinter mir her fahren, aber wir machen noch nicht viel Gebrauch davon, noch ist es hell und der Verkehr hält sich in Grenzen, der war Anfangs deutlich stärker.

An einer Gaststätte muss ich kurz halten und die Toilette aufsuchen. Dabei stellen wir fest, dass die Bremse schon wieder am Rad hängt. Ich habe keine Ahnung was da am Start passiert ist, aber ich lockere die Schnellspanner, ziehe sie wieder fest, reiße mit Gewalt an der Bremse bis sie in der Mitte steht und alles ist wieder gut.

Die letzten etwas steileren Kilometer bis Abtei gehen dann halbwegs brauchbar. Oben angekommen wechsle ich das erste mal das Rad. In dem Specialized Roubaix SL4 liege ich deutlich bequemer im Auflieger was für die lange flache Strecke, die sich an die Abfahrt anschließt, angenehmer ist.

Ein bisschen muss ich allerdings mit dem neuen Rad erst noch bergauf fahren, und da merke ich schon, dass der Sattel zu niedrig ist. Überhaupt fühlt sich das Rad, bzw. die Sitzposition im Vergleich zum Cannondale SuperSix Evo drastisch anders an. Da ich noch kurzfristig den Sattel gewechselt hatte, bleiben solche Feinjustierungen natürlich nicht aus. Sollte bei so einem wichtigen Rennen nicht sein, ist aber so.

Die Position ist aber schnell korrigiert und schon beim ersten Versuch treffe ich eine brauchbare Sitzposition.

Zunächst geht es deutlich bergab. Die B85 führt dann ziemlich parallel zur Drau weiter in Richtung Westen. Die entspanntere Sitzpositon im SL4 lässt mich etwas ins Rollen kommen. Der Straßenbelag ist meist brauchbar gut, so dass man einfach vor sich hin fahren kann. Das Team funktioniert gut, und ich freue mich, dass die Temperatur etwas fällt. Den Funkverkehr haben wir mittlerweile komplett aufgegeben, ich habe auch auf den Helm ohne Funkmodul gewechselt, so dass ich etwas weniger Gewicht am Kopf trage.

Nur der Magen-Darm-Trakt will noch nicht so richtig Ruhe geben. Noch fahre ich mit Sponser Competition und O-Saft. Ab und zu trinke ich ein „flüssiges Hühnchen“ von Hipp. Die stellen nämlich vollbilanzierte, hochkalorische Flüssignahrung her. Nur im Unterschied zu Ensure ist es kein „Chemiecocktail“, sondern rein mit natürlichen Zutaten hergestellt.

Dem Magen ist das aber egal, er mag im Moment beides nicht so richtig. Die Strecke führt zwar insgesamt berghoch, aber so moderat, dass es sich wie ein flaches Zeitfahren anführt. Nur ab und zu zieht die Steigung mal etwas an. Inzwischen trinke ich Wasser und zu wenig Competition und versuche damit den Bauch etwas zu beruhigen.

So fließen die Kilometer dahin. Inzwischen ist Direct Follow angesagt, denn ab 20:30 Uhr gilt der Nachtmodus, da ist das verpflichtend. Im Dunkeln fahre ich eigentlich ganz gerne, Müdigkeit spüre ich auch noch nicht wirklich. Unser Ziel ist Winklern (Winklern 1 um genau zu sein). Noch sind das über 100 Kilometer bis dahin. Und dann ist noch nicht mal ein Drittel des Rennens geschafft.

Wieder kommen die Zweifel ob ich nicht doch lieber aufhöre und mich einfach irgendwo mit Katrin und Oli ins Gasthaus setze. Aber mein Magen hätte jetzt auch keine Lust auf Semmelknödel, also macht es sowieso keinen Sinn. Ich kurbele noch ein bisschen. Es läuft sogar eine Weile ganz gut, dann brauche ich aber wieder eine Toilette. Wir sind bei Villach, hier wird sich wohl auch um diese Zeit noch was finden lassen.

Aber da die Bundesstraße natürlich nicht mitten durch die Stadt führt zeichnet sich nur eine Tankstelle als Gelegenheit ab. Da hätte man aber etwas zurück fahren müssen von der Abfahrt, will ich nicht, also fahre ich weiter, wir kommen ja jetzt erst zur Stadt. Äh stimmt aber nicht, verdammt, wir sind an Villach schon vorbei, jetzt kommt wieder nur noch Bundesstraße.

Mein Bauch rumort, die Beine treten mühsam, da sehe ich einen Bauhof und ein Restaurant? Ist da wirklich ein Licht, oder spiegelt nur der Scheinwerfer vom Followcar? Die nächsten dreihundert Meter sind spannend, dann zeigt sich, dass dort tatsächlich eine Bar oder eine Motorradkneipe ist. Ich biege ab, und komme rechtzeitig auf der Toilette an. Dabei nutze ich die Gelegenheit um eine frische Hose anzuziehen. Das Trikot und Unterhemd hatte ich vorher schon gewechselt.

Wir hatten schon ein paar kleine Stops, aber jetzt wird es ein etwas längerer, bis ich wieder auf dem Rad sitze vergeht eine gute Viertelstunde. Aber egal, ich will nur vor dem Zeitlimit in Winklern sein, das ist noch zu packen.

Wieder auf dem Rad geht es dann erst mal deutlich besser. Ich bin vorsichtig mit dem Essen und nehme hauptsächlich Wasser und etwas Sponser Competition zu mir. Jetzt fängt es wirklich an zu rollen.

Im SL4 habe ich schon viele solche Rollerkilometer zurückgelegt. Der neue Sattel ist eigentlich ganz gut, allerdings bin ich an diese neue Position natürlich noch überhaupt nicht richtig gewöhnt, so dass sich langsam ein leichtes Ziehen im linken Gesäßmuskel ankündigt. Aber ich werde heute ja noch mehrmals das Rad wechseln, so dass sich der Körper dann immer wieder erholen kann. Jedenfalls ist das meine Theorie…

So rollen die Kilometer dahin. Die Strecke ist gut, allerdings muss ich den Kopf schon etwas hochnehmen, was einerseits etwas anstrengender ist als einfach auf das Vorderrad zu schauen, andererseits strengt es die Augen etwas mehr an, so dass diese etwas ermüden und insgesamt ein leichtes Müdigkeitsgefühl erzeugen. Aber alles im Rahmen.

Die Distanz bis Winklern nimmt aber erstaunlich langsam ab. Spittal ist erreicht. Hier wird der Straßenbelag nun schlechter. Das ist aber schade. Ich bin wirklich schon eine Menge schlechtere Straßen gefahren, aber das schöne Dahinrollen ist jetzt etwas gestört.

Katrin und Oli im Followcar halten jetzt ebenfalls schon seit dem Start durch, aber beide machen noch einen fitten Eindruck. Über zehn Stunden gondeln die jetzt schon im Fahrradtempo hinter mir her.

Wenn nichts unvorhergesehenes passiert sollten wir gut im Zeitlimit in Winklern ankommen. Mein Bauch beruhigt sich immer mehr, zwischendurch rumort es allerdings wieder ein bisschen. So nehme ich nach wie vor zu wenig Energie zu mir.

Anyway, irgendwann geht jede Strecke zu Ende, so auch diese und wir erreichen tatsächlich zum erstenmal Winklern, wo Gerd und Lydia an der Pension auf den Teamtausch warten. Die Pension ist noch vor der Meldestelle, aber wir liegen deutlich vor dem Timecut, so dass ich direkt abbiege und erst mal die Toilette benutze, die Klamotten komplett wechsle und Milchreis und Grießpudding esse. So kommt doch über eine halbe Stunde Pause zusammen, die das Team zum Wechsel nutzt.

Schon eine sehr lange Pause, aber vielleicht tut es meinem Bauch gut. Ich bin etwas unsicher welches Rad ich nehmen soll, gleich auf‘s Bergrad wechseln, da ich ja damit auch das Lesachtal fahren will, oder doch lieber weiter das SL4? Ich entscheide mich für‘s Bergrad, dann muss ich bis zum Kartitscher Sattel nicht mehr tauschen.

An der Meldestelle muss ich diesmal persönlich unterschreiben, dann geht es direkt in den Iselsberg. Von dieser Seite ist die Steigung allerdings gut zu fahren. Gerd und Lydia finden sich schnell im Followcar zurecht, so dass wir gut vorankommen.

Nach der Abfahrt vom Iselsberg ist die Strecke wieder gut zum Rollen. Der Belag ist ok, nur das andere Fahrrad wäre jetzt besser, aber das tausche ich erst am Kartitscher Sattel wieder. Ich versuche noch das eine oder andere mal ein „flüssiges Hühnchen“. Aber danach zwickt es immer wieder im Bauch.

Wir erreichen Hermagor, dort lässt sich aber die Timestation nicht melden. Kurz kommt Nervosität auf, aber telefonisch lässt sich alles klären und Christoph Zurl trägt die Meldestelle ein.

Noch immer ist die Strecke moderat. Aber vor dem Lesachtal habe ich nach der Streckenbesichtigung doch ordentlich respekt, das kann über die Länge ganz schön Körner ziehen. Die Temperatur ist mittlerweile sehr niedrig. Aber im Prinzip ist mir das nur recht. Ich fahre auch noch in kurzer Hose, nur Armlinge und lange Handschuhe habe ich angezogen. Bei einer kurzen Pinkelpause, die ich auch nutze um ein Milchbrötchen und Grießpudding zu essen, komme ich allerdings ordentlich ins Zittern.

Aber auf dem Rad wird es mir schnell wieder warm, vor allem da wir jetzt ins Lesachtal abbiegen. Die Steigung zieht deutlich an. Unterbrochen von kleinen Abfahrten gibt es immer wieder kleine steile Stiche, aus einer Kehre heraus, oder in einen kleinen Ort hinein.

Das geht so über dutzende Kilometer. Irgendwann habe ich mich regelrecht daran gewöhnt. Es ist wirklich gut, dass ich diesen Streckenabschnitt schon kenne, so bin ich mental darauf vorbereitet und es fühlt sich gar nicht so schlimm an.

Die Zusammenarbeit mit dem Followcar klappt sehr gut und so kommen wir gut durch die Nacht und können um 5:30 Uhr das direct follow auflösen und die beiden im Auto können es mal etwas ruhiger angehen lassen während ich mich weiter in Richtung Kartitscher Sattel kämpfe.

Sie bleiben allerdings länger zurück als gedacht, so dass ich mir schon etwas Sorgen um das Auto mache, das ist halt schon eine alte Mühle mit über 220.000 Kilometern auf dem Tacho. Aber dann tauchen sie doch auf, alles gut.

So komme ich ganz brauchbar bis zur Meldestelle Kartitscher Sattel. Dort tausche ich das Fahrrad. Ab jetzt geht es bis Winklern erstmal bergab, erst am Iselsberg wird es dann nochmal steil.

Die Abfahrt läuft gut und unten auf der Bundesstraße komme ich gut ins Rollen. Das Followcar ist erst gar nicht in der Abfahrt gefolgt, sondern fährt langsam aber sicher bergab und dann erst mal tanken. So kommt es, dass ich schön alleine auf der Bundesstraße vor mich hinfahren kann. Die Beine fühlen sich eigentlich ganz gut an. Der Bauch hat sich weiter beruhigt, allerdings zu dem Preis, dass ich viel zu wenig gegessen habe. In Winklern werde ich einiges an richtigem Essen in mich reinstopfen müssen um genug Energie für die Großglocknerhochalpenstraße aufzunehmen.

Die Temperatur steigt ganz schön an. Und obwohl es noch morgens früh ist, ist mir schon zu warm. Das Followcar holt mich ein und dann geht es auch schon in die Steigung zum Iselsberg. Die zwei Zähne mehr vorne und das eine Kilogramm Gewicht macht sich schon bemerkbar, aber ich komme ganz gut die Steigung hoch. Das ich bald den zweiten Abschnitt geschafft haben könnte gibt Motivation und die Beine funktionieren ganz ordentlich.

Oben angekommen gibt es zur Belohnung noch eine Abfahrt hinunter nach Winklern. Mittlerweile ist sehr lebhafter Verkehr auf der Straße und die Sonne knallt ganz ordentlich. Um 9:40 Uhr erreiche ich die Meldestelle Winklern zum zweiten Mal.

Von dort fahre ich sofort in die Pension wo ich mich komplett umziehe, die Toilette nutze und erst mal was esse. Brot, Käse, Kuchen, Milchreis und Grießpudding. Keine Riesenmengen, aber ich versuche soviel zu essen wie möglich. Die Followcarbesatzung tauscht wieder. Katrin und Oli hatte versucht sich in der Pension etwas zu erholen, sogar etwas zu schlafen. Nun können Gerd und Lydia nochmal etwas ruhen. Die Wirtin vom Haus Steiner war sehr nett und es war gar kein Problem in der Nacht zu tauschen und jetzt bis zum Nachmittag das Zimmer zu halten.

Für mich ist aber natürlich wichtig schnell wieder auf dem Rad zu sein, was nicht ganz gelingt. Irgendwie vergeht eine ganze Stunde bis ich wieder auf dem Rad sitze.

Ich mache einen kurzen Check. Rechts ist ein Zeh eingeschlafen, ich kann nicht genau sagen welcher, beide Sehnenansätze der Oberschenkel haben sich mit ziehendem Schmerz gemeldet, das linke Knie hat zwischendurch von latentem auf doch wahrnehmbaren Schmerz umgeschaltet, der linke Gesäßmuskel zieht heftig, die Finger gehen noch, Nacken auch. Da keine Beschwerden permanent nerven ist alles gut zu handlen und eher Ansporn im Training und in der Regeneration mehr auf diese Punkte zu achten (und die Sitzposition weiter zu optimieren).

Jetzt kommt also die Glockner“runde“. Ich habe noch keine Idee wie man nach fast 500 Kilometern mit doch nennenswerten Höhenmetern den verdammten Glockner fahren soll. Ich kenne die Hochalpenstraße wirklich sehr gut, umso schwerer fällt mir der Glaube, dass ich das jetzt mit Anstand durchstehe. Und vor allem innerhalb des Timelimits.

Aber erst mal muss ich bis Heiligenblut kommen, ein paar Kilometer Anfahrt gilt es also mit dem Bergrad zu bewältigen. Das Followcar muss ab Heiligenblut „leapfroggen“, aber es ist Tag und wir machen eh kein Direct Follow.

Es ist allerdings viel Verkehr. Mittlerweile haben ja auch die Motorradfahrergruppen gefrühstückt, und auch die anderen Ausflügler sind unterwegs. Die Sonne knallt, es ist warm, sehr warm. Für den Glockner hatte ich mir doch Kälte und Schneeregen gewünscht. Das wird eher nix…

Bis Heiligenblut „fahre ich mich ein“, es geht kurz bergab, dann immer leicht bergauf. Vor dem Ort zieht die Steigung dann ordentlich an. Und dann ist es soweit, Kilometer 47,5 der Glocknerhochalpenstraße.

Es geht direkt in eine ordentlich lange Rampe und die Steigung zieht in den zweistelligen Bereich an. Obwohl ich nichts Gutes erwartet hatte bin ich doch schockiert wie schwer es mir fällt halbwegs Trittfrequenz zu halten. Jetzt bezahle ich für alles was in der Trainingsvorbereitung schiefgegangen ist. Vor allem für mein Übergewicht! Und das war purer Mangel an Selbstdisziplin, alles andere lag nicht so richtig in meiner Macht, aber wenn ich mich nicht bewege darf ich nichts essen, so einfach ist das. Und das bekomme ich jetzt richtig böse zurück.

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Ich bringe noch so 220 Watt, die reichen aber in der Steigung bei meinem Gewicht selbst bei einer Übersetzung von 34-32 nur noch für eine 50er Trittfrequenz. Das wird eng. Ich rechne aber nicht auf dem Fahrrad, ich versuche einfach nur vorwärts zu kommen und die nächste Stelle zu erreichen wo die Steigung etwas nachlässt.

Ein großes Zwischenziel ist die Mautstation, und danach kommt noch eine Zwischenabfahrt. Aber jetzt muss ich mich erst mal mit der Anfangssteigung auseinandersetzen. Nach der langen Geraden geht es etwas um die Kurve und die Sonne knallt nicht mehr so auf einen drauf. Es ist ziemliches Gegurke, aber ist halt so, einfach weiterkurbeln. Immerhin weiß ich jetzt auch, dass ich mit dem mittleren G1 Bereich hier hochkomme wenn auch extrem langsam, und den sollte ich quasi unendlich treten können, solange ich ab und zu Energie in Form von Nahrung aufnehmen kann.

Ich war schon auf der Lesachtalrunde auf Sponser Recovery Drink gewechselt, der geht eigentlich immer, außerdem schmeckt er mir einigermaßen. Aber da müsste schon noch das ein oder andere Ensure rein. Nur will ich nichts riskieren, solange mein Magen Ruhe gibt, denn mit Magenproblemen ist der Glockner nicht zu machen.

Es dauert lange bis die Steigung etwas nachlässt. Ich wechsle ab und zu in den Wiegetritt, komme damit aber auch nicht sonderlich schnell vorwärts. Meist mache ich das wenn das ungute Gefühl im Knie sich in der Wahrnehmung zu „Schmerz“ ändert. Außerdem tut es dem Gesäßmuskel gut.

Katrin und Oli „leapfroggen“ und versuchen mich zu unterstützen, allerdings bleibt die Straße wie sie ist, trotz Zuspruchs. So bleibt mir nur einfach Kurbelumdrehung um Kurbelumdrehung mich nach oben zu kämpfen.

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Es ist wirklich heiß, mittlerweile fahre ich wieder in der Sonne, der Schweiß läuft mir in die Augen und über die Brille. Vor mir taucht Markus auf und ein weiterer Fahrer. Die Kämpfen auch.

Dann endlich zeichnet sich die Mautstation ab. Wird es danach nicht flach und es geht sogar ein Stück bergab? Dann kann ich mich kurz erholen.

Ich habe Lust auf Cola. Ich habe nie Lust auf Cola. Ich habe die letzte an der Finisherlinie beim RAAM getrunken, und das auch nur, weil mir an der Tankstelle nichts anderes eingefallen ist was man mir zur „Belohnung“ besorgen könnte. Davor habe ich sicher jahrelang keine Cola getrunken, außer nach der Peakbreak Etappe zum Kitzbüheler Horn. Jetzt aber will ich Cola!

Ich sage Katrin, die gerade neben mir her läuft, dass ich gerne Cola hätte. Die haben wir natürlich nicht im Auto. Ich trinke einen Schluck Wasser. Und einen Schluck Competition.

Dann ist tatsächlich die Mautstation erreicht, was für ein Kampf. Aber nach der Mautstation geht es genauso weiter, nur ganz kurze Entlastung und dann kommt eben doch nicht das erhoffte flache Stück und die kurze Zwischenabfahrt. Man, da habe ich mich doch schon mal verschätzt!

Die Steigung zieht wieder richtig an. Ich muss ganz schön kämpfen. Und dann kommt Katrin mit Red Bull Cola. Kaufen konnte sie nichts, aber irgendjemand, den sie angesprochen hat, hat ihr diese Dose geschenkt. Ich nehme kleine aber viele Schlucke. Eigentlich schmeckt es widerlich, selbst jetzt noch, aber trotzdem gut. Weiterkurbeln.

Markus und den anderen Fahrer, mir ist gerade nicht klar, wer das ist, lasse ich jetzt etwas hinter mir. Beim Vorbeifahren werde ich trotzdem von deren Crews angefeuert. Das ist schon ziemlich geil beim Ultracycling, der Gegner ist die Strecke, die Athleten und Crews kämpfen irgendwie gemeinsam, das gibt‘s so sicher nur in wenigen Sportarten.

Ich versuche jetzt einfach bis zu dem verdammten Flachstück zu kommen. Und auch wenn es sich zieht, ich schaffe es bis dorthin. Jetzt nur nicht nachlassen, sonst kommen die Beine noch auf dumme Gedanken, plötzliche Entspannung vertragen die überhautpt nicht. Ich trete also auch auf der Geraden etwas rein, dann nimmt das Gefälle aber zu und ich lasse es einfach rollen.

Allzulange dauert es nicht, bis ich am Kreisel mit dem Abzweig zur Franz-Josefs-Höhe bin. Jetzt beginnt der zweite Teil des Anstiegs. Und der ist wirklich heftig. Hier habe ich schon einige Male gelitten in den vergangenen Jahren.

Zunächst kommt eine wirklich böse Rampe wo die Steigung auch mal kurz über die 12% hinaus anzieht (offiziell gibt es das nicht, aber alle meine Radcomputer über die Jahre hinweg haben mir hier immer das gleiche angezeigt…).

Die Rampe geht einigermaßen, ich bin erstaunt. Nach der Kehre hat man dann einen schönen Blick zurück ins Tal. Aber der interessiert mich gerade gar nicht, ich versuche nur die Kurbel am Laufen zu halten. Es ist anstrengend und mühsam, aber es geht immer ein bisschen vorwärts. Irgendwie schlecht und doch einen Hauch besser als ich gedacht habe.

Es folgt eine Kehrengruppe und dann wieder eine längere Gerade. Ich brauche mehr Cola. Katrin und Oli haben noch eine Pepsi Cola besorgt. Ich moniere kurz bei Katrin, die neben mir herläuft und mir die Flashe hinhält, dass es keine Coca Cola ist, wofür sie mich wohl am liebsten vom Rad stoßen würde, trinke dann aber erst mal den Rest der Red Bull Cola von vorhin.

Die Gerade zieht sich, sehr sogar, dann gibt es einen Rechtsknick und wieder folgt eine längere Gerade. Es ist zäh, aber irgendwie bin ich auch erstaunt, dass ich jetzt schon langsam in den Bereich der Schlussserpentinen komme. Die Temperatur ist nun zwar deutlich gesunken, aber mir ist immer noch zu warm, denn die Sonne knallt ganz ordentlich.

Linksknick und wieder lange eher geradeaus. So nah waren die Schlussserpentinen wohl doch noch nicht. Aber die Beine funktionieren noch, irgendwie jedenfalls. Was für eine verdammte Quälerei. Egal, weiterkurbeln.

Dann eine Serpentine, die immer kurze Gelegenheit bietet sich etwas zu erholen, und kurze Zeit später wieder eine Serpentine, da ist auch schon das Gasthaus. Jetzt kann man sogar das Hochtor schon sehen. Das macht zusätzliche Kräfte frei. Zwischendurch nehme ich noch einen Schluck Cola, sonst trinke ich Wasser und Competition.

Der Weg zieht sich nochmal länger als gedacht, und doch kommt die letzte Serpentine vor dem Hochtor näher, und dann ist es tatsächlich vor mir zu sehen, noch 300 Meter. Das Followcar fährt vorbei und wartet oben. Die Steigung lässt nach, die Beine werden stärker und ich komme endlich oben an. Hochtor 1 geschafft!

Ich nutze die Toilette oben, setze mich dann aber gleich wieder auf‘s Rad und mache mich auf in Richtung Edelweißspitze. Katrin und Oli folgen etwas später.

Ich habe keine Jacke oder so angezogen, lieber friere ich jetzt in der Zwischenabfahrt, denn es sind noch einige Höhenmeter zu bewältigen. Das mit dem Frieren klappt auch ganz gut, denn zwischen Hochtor und Fuscher Lacke ist es wirklich sehr kalt. Hier weht auch immer ein eisiger Wind. Außerdem läuft viel Wasser über die Straße, so dass ich durch das Spritzwasser von hinten und vorne ganz gut eingesaut werde.

Die Abfahrt ist schnell zu Ende und nun geht es in den kurzen Anstieg hinauf zum Fuscher Tor. Nur vier Serpentinen, aber eben auch ein Stück steile Strecke mit ordentlicher Steigung. Ich verkürze mir den Anstieg mit Gedanken über die erstaunlich vielen Gespräche die ich in genau diesem kurzen Abschnitt schon auf dem Rad hatte, mit Reiseradlern und Rennradlern, aus Großbritannien, Italien, Deutschland und Österreich.

Mental ist der Abschnitt so keine Herausforderung und die Beine funktionieren auch, aber der Gedanke an die Edelweißspitze gibt ein etwas mulmiges Gefühl.

Nach der vierten Kehre, schließe ich auf dem flachen Stück am Parkplatz vorbei mein Trikot, trinke noch was und gebe dann Gas, die zweihundert Meter Abfahrt hinunter bis zum Abzweig Edelweißspitze.

Am Anfang des kleinen aber steilen kopfsteingepflasterten Anstiegs stehen Followcars anderer Teilnehmer. Vielleicht liege ich doch ganz gut im Zeitlimit?

Ich fahre ganz optimistisch in die Steigung hinein, die allerdings gleich mal richtig die Beine fordert. Es geht trotzdem ganz gut bis zur zweiten Kehre, dann zieht es sich. Ich muss wirklich um jeden Meter kämpfen. Viel Wiegetritt, aber wegen der Traktion dann auch in steilen Abschnitten immer wieder im Sitzen.

Nach der dritten Kehre denke ich, dass es gleich vorbei ist, ist aber natürlich Quatsch, denn es geht jetzt ein ganzes Stück noch gerade, bevor die nächste Kehre kommt und dann noch eine Kehre, und noch eine, und dann noch die letzte. Christian und Johannes kommen mir entgegen. Dann bin ich endlich oben. Wahnsinn, ich war mir nicht sicher ob ich das schaffen kann, aber jetzt stehe ich nach über 500 Kilometern auf der Edelweißspitze.

Ich muss etwas suchen bis ich die Unterschriftentafel gefunden habe, denn auch hier muss der Fahrer zusätzlich persönlich unterschreiben. Dann wechsle ich das Rad, denn für diese Abfahrt lohnt sich das auf jeden Fall. Und dann geht es auch gleich in die Abfahrt in Richtung Fusch.

Da das Wetter entgegen meiner Hoffnung sehr gut ist, macht die Abfahrt richtig Spaß. Obwohl ich weiß, dass das Followcar viel länger braucht und ich unten auf die warten muss, da ich das Rad wieder wechseln muss für den Anstieg, lasse ich es einfach rollen, überhole Autos und langsame Motorräder, Wohnmobile und Radfahrer. Macht einfach Spaß.

Auch den Christian überhole ich in der Abfahrt. Letztlich kommen Johannes und ich ziemlich gleichzeitig an der Meldestelle unten in Fusch an. Christian kommt kurz danach. Die beiden haben allerdings ihr Begleitfahrzeug mit dabei, ich habe Katrin und Oli ein paar Minuten abgenommen. Ich rufe sogar kurz an und checke ob alles in Ordnung ist.

Egal, ich setze mich erstmal in die Sonne, die knallt hier jetzt richtig, der Radcomputer zeigt über 31°C. Der heiße Asphalt und die Sonne von oben wärmen die Beinmuskeln was herrlich angenehm ist. Meinem Magen geht es gut, ich nuckele an meiner Trinkflasche mit dem Sponsor Competition. Ein wirklich schöner Moment der Entspannung.

Dann kommt auch schon mein Followcar. Wir tauschen auf das Bergrad. Nun geht es zurück in Richtung Winklern. Bis zum Bärenwerk ist die Straße flach bis moderat ansteigend, dann klappt die Strecke nach oben. Diese Seite kenne ich nun wirklich im Schlaf, was die Sache eigentlich nicht besser macht, aber die Beine funktionieren erst mal ganz gut.

Klar, ich trete nur G1, aber auf der Heiligenblutseite habe ich gar nicht so unglaublich viel auf meine „normale“ Zeit verloren. Für die 15 Kilometer habe ich eine knappe Stunde gebraucht. Für die Strecke von Bruck bis zum Hochtor brauche ich normal knapp zwei Stunden bis zweieinhalb, wenn ich da mit drei Stunden durchkomme, würde ich den Timecut wohl ganz gut schaffen.

Jetzt heißt es aber erst mal bis zur Mautstation kommen. Ich kurbele im Prinzip im genau gleichen Rhythmus, d.h. im G1 Bereich mit sehr niedriger Trittfrequenz aufwärts. Aber ich fühle mich eigentlich ganz wohl dabei, allerdings macht mir die Hitze zu schaffen. Wenn auch nicht so schlimm wie ich befürchtet hatte. So komme ich erstaunlich gut vorwärts. Dabei zähle ich die nicht die Kilometer, wie ich es hier sonst immer tue, sondern alle 200 Meter. Es gibt nämlich alle 200 Meter einen Markierungsstein. Und während ich bisher immer genervt war, dass da 21,2 statt den erwarteten 22 stand, freue ich mich jetzt, dass nach 21,0 schon 21,2 da steht.

So erreiche ich die Mautstation relativ „schnell“. Mittlerweile bin ich im Rennmodus und möchte nicht durch die Radlerschleuse fahren, zumal das Roadbook dazu keine Hinweise gibt. Mein Followcar ist aber gerade ein Stück hinter mir und nicht in Sicht, so reihe ich mich neben ein Auto ein und bitte die Frau am Kassenhäuschen unter Hinweis auf das Radrennen mir die Schranke zu öffnen. Die flippt aber komplett aus und mault mich an, und erzählt was von technischer Unmöglichkeit und blablabla, da nehme ich mein Rad und unterquere die Schranke einfach und fahre weiter, während sie in ihrem Kassenhäuschen fast explodiert. Da wäre ich durch die Fahrradschleuse schneller gewesen…

Ist mir jetzt auch egal, denn jetzt kommt einer der härtesten Abschnitte des ganzen Rennens. Nach all den Höhenmetern und der Distanz geht es in den ziemlich konstant zwischen 10 und 12% steilen Anstieg bis zum Fuschertörl.

Zunächst geht es recht gerade steil bergauf. Ich merke aber sofort, dass es geht. Nicht sonderlich gut, aber es geht, ich komme vorwärts, kann relativ konstant treten, wenn auch mit extrem niedriger Trittfrequenz.

So kurbele ich mich nach oben. Vor mir sehe ich zwei Radfahrer, ich nehme an das sind Johannes und Christian.

Die Taktik mit den 200 Metern funktioniert auch hier extrem gut, ich habe immer das Gefühl, schneller vorwärts zu kommen als gedacht. Allerdings operiere ich auch am Limit, d.h. ab und zu etwas Zuspruch aus dem Followcar und ein Schluck Cola muss helfen.

So erarbeite ich mir Höhenmeter um Höhenmeter. Der Widerspruch zwischen wie langsam es eigentlich vorwärts geht, wie erbärmlich ich dabei aussehe und wie positiv ich gestimmt bin geht mir nicht auf. Ich fahre an Johannes vorbei der am Straßenrand steht und kurz pausiert. So hundert oder zweihundert Meter vor mir fährt ein Radfahrer im weißen Trikot, das müsste Christian sein. Ich nehme mir vor ihn zu überholen, allerdings bleibt der Abstand gleich.

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Die erste Kehrengruppe haben wir mittlerweile schon hinter uns, ich freue mich auf die kurz nachlassende Steigung kurz vor und an der Piffkar. Die Erholung ist nur kurz, dann geht es wieder steil berghoch. Der Radfahrer vor mir im weißen Trikot, von dem ich mir nicht mehr sicher bin ob es Christian ist kommt wieder etwas näher.

Die Auffahrt wird jetzt doch recht zäh, aber ich kämpfe mich tapfer bis zu den nächsten Kehren, ganz kurz verschnaufen. Jetzt hole ich etwas auf den Radfahrer vor mir auf. An der nächsten Kehre am unteren Nassfeld hole ich ihn ein. Es ist gar nicht Christian, sondern ein „normaler“ Rennradler. Er fragt mich wie weit es noch ist, ich kann es ihm auf den Meter genau sagen, denn dass das Fuschertörl bei Kilometer 27,5 und nicht bei Kilometer 27 liegt habe ich auf die harte Tour bei einer meiner letzten Glocknerkönigteilnahmen gelernt…

Jetzt kommt ein etwas unangenehm langer Abschnitt bis zur nächsten Kehre, der noch dazu momentan mit abgefrästem Belag nervt. Ich muss kämpfen. Aber auch dieser Abschnitt geht vorbei. Und nach der nächsten Kehre dann kommt die zweite Luft in die Beine.

Nochmal zwei Kehren und ich fahre schon an der Edelweißwand entlang. Wie immer gibt es hier Gegenwind und die Steigung mag nicht nachlassen, aber ich kämpfe mich auch hier bis zur Kehre und komme in den Schlussabschnitt, sozusagen das Motodrom der Großglocknerhochalpenstraße.

Egal wie es einem geht in diesem Teil siegt die Motivation über den Körper. Das Fuschertörl im Blick, kurze Abstände zwischen den Serpentinen schraubt man sich nach oben.

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Ich muss ganz schön beißen, aber mir ist klar, ich komme hier hoch, einen der schwierigsten Abschnitte des Glocknerman werde ich sicher meistern. So komme ich auch am Fuschertörl an. Es geht aber natürlich gleich weiter in Richtung Hochtor.

Die Zwischenabfahrt ist erstaunlich kalt. Dann kommt der Schlussanstieg. Nocheinmal heißt es kämpfen, denn auch die letzten Kilometer von Mittertörl bis Hochtor sind steil. Ich verschätze mich sogar nochmal und habe zwei Serpentinen vergessen, aber dann ist es geschafft, ich fahre durch den Tunnel und komme zum zweiten Mal für heute am Hochtor an.

Ich müsste eigentlich einigermaßen brauchbar vor dem Zeitlimit liegen, es ist noch nicht mal halb sechs, aber Katrin meint, das Zeitlimit ist 18 Uhr, so souverän war das also nicht. Egal.

Ich ziehe mich komplett um, erwische dabei nur die leider die falsche Hose, die hatte ich heute schon mal an. Na egal, immerhin ist sie trocken. Außerdem ziehe ich mir die Weste an, die Abfahrt wird doch recht frisch. Das Fahrrad tauschen wir auch noch.

Dann geht es auch schon weiter. Ich verabrede mich mit dem Followcar in Winklern, denn auf der Abfahrt bin ich wahrscheinlich schneller, allerdings vergessen wir dabei den Zwischenanstieg und die 22 Kilometer von Heiligenblut bis Winklern.

Trotzdem ist auch diese Abfahrt schön zu fahren. Ich habe auch keine Probleme mit den Beinen, etwa Krämpfe oder ähnliches. Die Knieschmerzen spüre ich im Moment nicht, auch im Anstieg war es ok. Der Magen ist ok, die Schmerzen im Gesäßmuskel sind gut zu handlen, ich fühle mich jetzt richtig wohl. So langsam komme ich in den Wettkampfmodus.

Ich erreiche schnell den Gegenanstieg, der geht dann so, die Beine fühlen sich etwas dick an. Dann folgt eine flotte Abfahrt nach Heiligenblut. Von dort geht es recht ebenfalls flott in Richtung Winklern. Als es etwas abflacht hat mich das Followcar bald eingeholt.

Es fängt an zu regnen. Erst ignoriere ich es, dann beschließe ich Regengamaschen anzuziehen und das Schutzblech hinten ans Fahrrad zu machen. Bei dem kurzen Stopp erzählt mir Katrin, dass wir uns mit der Karenzzeit getäuscht haben und ich tatsächlich bis 1 Uhr nachts Zeit habe bis Winklern. Ich will aber so oder so vor 19 Uhr in Winklern sein, also rauf auf‘s Rad und weiter.

Um 18:53 Uhr bin ich in Winklern. Der Glocknerabschnitt ist geschafft und ich liege noch gut in der Zeit. Es hat aufgehört zu regnen, also ziehe ich die Regenklamotten wieder aus und mache das Schutzblech wieder ab. Ich ziehe auch die Jacke aus. Dann geht es gleich weiter, jetzt will ich fahren, keine Lust mehr auf Pause.

Katrin und Oli bleiben erst mal auf dem Followcar, besprechen sich aber kurz mit Gerd und Lydia, so fahre ich erst mal alleine los. Kurz verwirrt mich der Garmin nochmal mit der Streckenführung, so dass ich sicherheitshalber nochmal stehen bleibe und die Strecke neustarte. Dann geht es aber schön über die abfallende Bundesstraße voran.

Dumm nur, dass es nach wenigen Metern schon wieder anfängt zu regnen. Kurz überlege ich, mich irgendwo unterzustellen und auf das Followcar zu warten. Aber erstens weiß ich gar nicht genau wann das kommt und zweitens bin ich jetzt im Rennmodus und mag nicht mehr anhalten.

Der Regen wird schon bald wieder aufhören. Die Wettervorhersage hatte überhaupt nur Regen am Glockner nachmittags vorhergesagt. Also wird es wohl bald vorbei sein.

Zunächst wird der Regen aber heftiger. Egal, durch. Teilweise schaffen es die Tropfen irgendwie trotz Sonnenbrille bis ins Auge, was das Fahren nicht leichter macht. Mir ist völlig unklar wie das geht, denn die Brille hat oben eine Schaumstoffabdichtung die sogar den Schweiß vom Fließen ins Auge abhalten soll.

Trotz der Nässe gehen die Beine gut. Die Füße sind jetzt komplett durchnässt, die Hose von hinten natürlich auch. Zwischendurch lässt der Regen mal nach, um dann umso heftiger wieder einzusetzen. Das Followcar ist noch nicht wieder bei mir.

Mittlerweile gibt es auch Graupelschauer dazu. Hm, dass hatte ich doch für den Glockner bestellt, und zwar für alle, jetzt ist es zu spät und es scheint ich kriege das erst mal alleine ab. Aber dann lässt der Regen nach und es ist so trocken, dass meine Klamotten schon anfangen zu trocknen. Das Auto ist auch wieder bei mir.

Ich versuche mehr zu essen. So bestelle ich ein Käsebrot. Die Hälfte kann ich immerhin essen, der Rest verschwindet erst mal im Trikot.

Es fängt wieder an zu regnen. Nocheinmal bekomme ich es heftig ab. Der Himmel sieht auch voraus nicht gerade nach Sonne aus, aber irgendwie ist mir das völlig egal. Ich fahre einfach weiter, die nassen Füße sind zwar recht kühl aber noch nicht zu kalt, alles im grünen Bereich. Der Straßenbelag ist nicht sonderlich gut, aber ok.

So gelange ich in einen brauchbaren Rhythmus und kann vor mich hinfahren. Die Crews haben vereinbart nach 125 Kilometern zu tauschen. Mir nur recht, Hauptsache der Wechsel geht schnell 😉

Der Regen hört auch wieder auf, die zweite Nacht ist angebrochen. Die Lupine leuchtet in kleinster Stufe vor sich hin, die Beine laufen (relativ) rund, ich sitze ganz ok, ab und zu versuche ich was zu essen, Competition oder Recoverydrink funktionieren. So geißeln wir die Bundesstraße bis Spittal, wo der Straßenbelag deutlich besser wird. Jetzt kann man richtig rollen.

Diesmal verfahre ich mich auch nicht bei der kurzen Umgehung der Schnellstraße und so erreichen wir nach ungefähr zweieinhalb Stunden den Abzweig zur Windischen Höhe. Am Fuße des Anstiegs springe ich an einem Gasthaus kurz vom Rad um nochmal die Toilette zu benutzen, dann geht es gleich weiter.

Allerdings hätte ich hier schlauerweise das Rad getauscht. Mist, hier wird‘s dann doch ordentlich steil und ich muss mit der 36-32 und dem bisschen Power das ich noch habe ganz schön ochsen um da hoch zu kommen. Unter Fluchen und Maulen quäle ich mich bergauf. Die Straße ist teils erstaunlich schlecht manchmal frage ich mich ob wir uns hier nicht völlig im Wald verfahren haben, aber der Garmin meldet keine Streckenabweichung, Oli auch nicht, also sind wir wohl richtig.

Ein anderer Fahrer, bzw. sein Followcar steht am Straßenrand, ich kann aber nicht sehen wer es ist. Der Anstieg zieht sich ganz schön und ist teils doch recht steil, deutlich im zweistelligen Bereich.

Nach zähem Ringen ist dann aber irgendwann der scheinbar höchste Punkt erreicht. Wir passieren einen weiteren Fahrer, der akustische Beschallung in Megafonqualität über das Followcar bekommt. Kurz nachdem wir die Stelle passieren fährt er weiter. Es geht leicht bergab und ich kann mich etwas erholen, aber noch ist die Windische Höhe gar nicht erreicht, die Meldestelle noch ein Stück weg.

Ich kann etwas Abstand zwischen mich und Rammstein im Megafonsound bringen, dann geht es aber wieder richtig berghoch, am 16% Schild habe ich genug und tausche das Rad. Es muss natürlich schnell gehen, ich will nicht, dass mich Mr. Rammstein wieder überholt.

Allerdings habe ich ordentlich zu kämpfen und Katrin rennt zwischendurch neben mir her. Irgenwie etwas beschämend, dass sie einfach so neben mir her laufen kann, aber andererseits auch motivierend. So schaffe ich auch dieses steile Stück und den Schlussanstieg noch.

Dann geht es in die Abfahrt. Der Radtausch klappt gut, so dass ich schnell wieder auf dem Rad sitze, bevor das Georgel von hinten wieder kommt. Es ist jetzt natürlich recht kühl, aber großartig umziehen mag ich mich nicht, ich fahre sowieso kurze Hosen, oben brauche ich nur die Weste, dann geht es abwärts. Natürlich wieder mit dem Roubaix SL4. Zusammen mit den Citec 3000 Aero Carbon fühlt sich das bombensicher an, die Lupine Piko7 auf heller Stufe macht ordentlich Licht, so dass auch die unbekannte Abfahrt im Dunkeln kein Problem ist.

Die Abfahrt läuft, auch wenn der Belag nicht immer perfekt ist. Unten angekommen haben wir die ersten hundert Kilometer absolviert. Jetzt geht es erst mal noch über 25 flache Kilometer bis zum Wechsel der Followcar Crew.

Obwohl es die zweite Nacht ist, habe ich keine Probleme mit Müdigkeit. Der Anstieg hat mich sowieso erst mal wach gehalten, und jetzt muss ich noch ein bisschen Druck machen. Allzuviel essen kann ich nicht, aber ab und zu ein halbes Milchbrötchen, dazu Competition oder Recoverydrink.

Der Rhythmus passt, es scheint keiner nahe hinter mir zu sein, so erreichen wir den Parkplatz kurz vor Finkenstein der als Treffpunkt mit Gerd und Lydia vereinbart ist.

Der Tausch klappt ganz gut und so sitze ich bald wieder auf dem Rad. Ich habe jetzt noch mindestens einen „Sattel“ vor mir und natürlich die Soboth. Wie ich die raufkommen soll weiß ich noch nicht, aber der Glockner ging ja auch.

Die Strecke führt nun durch das Rosental. Es gab im Vorfeld Fahrer die das als recht anstrengenden, nicht zu unterschätzenden Teil beschrieben haben, aber ich finde es ist ähnlich zu fahren wie auf dem Hinweg. Nur muss ich nochmal eine Toilette aufsuchen, aber es gibt keine, es ist mitten in der Nacht und Gaststätten gibt es hier sowieso keine. Ein kurzer Abstecher in den Wald muss es richten, dann kann es weitergehen.

Den Rhythmus von vorhin kann ich weiterfahren, noch immer ist die Müdigkeit gut im Griff zu halten, bzw. an den Anstiegen sowieso nicht vorhanden, einzig auf längeren Rollerpassagen angestrengt nach vorne zu schauen ermüdet etwas, aber alles kein Problem.

Kurz hinter Ferlach beginnt dann langsam der Anstieg zum Schaidasattel. Es geht ordentlich bergauf und ich weiß nicht recht ob ich schon das Rad wechseln soll, mache es dann aber, was auch die richtig Entscheidung ist, denn auch hier geht es in den zweistelligen Prozentbereich. Die Straße ist teils so schlecht, dass ich sie normalerweise mit dem Rennrad nicht fahren würde. Verkehrstechnisch scheint sie keine große Bedeutung zu haben, denn eigentlich ist es an einigen Stellen nur ein schmaler geteerter Waldweg. Allerdings hat das Ding für mich jetzt große Bedeutung ,denn ich ich will natürlich hier drüber kommen und den Glocknerman finishen.

Ich fluche ähnlich wie an der Windischen Höhe. Der Anstieg fühlt sich auch ganz ähnlich an.
Das Followcar folgt mir im Kriechtempo, ab und zu bestelle ich mal ein Getränk, sonst versuche ich nur hier hochzukommen.

Aber jede Steigung geht zu Ende und anscheinend auch diese. Oben stehen zwei andere Fahrer an ihren Followcars. Wir fahren erstmal weiter, bleiben dann aber doch stehen, mittlerweile ist es sehr kalt und ich muss doch eine Weste anziehen, und wir tauschen dabei schnell das Rad. Da kommt auch schon einer der Fahrer, ich kann nicht erkennen wer das ist, und fährt vorbei.

Schnell geht es wieder auf‘s Rad und in der Abfahrt versuche ich aufzuholen. Ich hatte vorher noch ins Followcar gefragt ob noch so ein Sattel vor der Soboth kommt, aber die meinen Nein.

Ich habe mich schon wieder an den vor mir fahrenden rangebeamt, da kommt eine T-Kreuzung, Garmin zeigt rechts, anderer Fahrer biegt links ab. Sein Followcar hupt, ich kurve um das Followcar und unser Auto bleibt erst mal kurz zurück, bis es auch um das andere Followcar fahren kann. Ich halte drauf, ich will jetzt nicht nochmal den Platz tauschen, welcher auch immer das sein mag.

In dem Moment zieht die Steigung auch schon wieder heftig an. Enge Serpentinen im dichten dunklen Wald, schlechter Belag, falsches Fahrrad, egal, jetzt nur nicht nachgeben, sondern Vorsprung aufbauen, denn der andere ist nicht allzuweit hinter mir.

Dieser kleine Kampf am Berg setzt nochmal Kräfte frei und so kann ich mich in der Steigung absetzen. Natürlich fluche ich dabei ordentlich, denn meine Frage nach weiteren Sätteln und die auf die Antwort gestützte Hoffnung wurde schon nach wenigen Kurven ad absurdum geführt. Allerdings hatten wir einfach nicht bemerkt, dass der Schaidasattel und die Meldestelle eben noch nicht erreicht war.

Aber nach einer Viertelstunde weiterem Kampf bergauf ist der Sattel dann tatsächlich erreicht, die Meldung kann abgeschickt werden und ich mache mich in die Abfahrt. Da ich schon das richtige Fahrrad habe kann ich einfach durchfahren.

Die Abfahrt ist schön aber kalt. Von Lydia bekomme ich die Info, dass wir bei Kilometer 250 der Schlussrunde nochmal das Team im Followcar wechseln, als wohl kurz vor der Soboth.

Die Abfahrt scheint nicht aufzuhören und auch danach geht es leicht bergab. Ich komme schnell in einen guten Rhythmus und die Fahrt macht Spaß. Ich versuche was zu essen, Milchbrötchen halt. Aber mit Competition geht es im Moment ganz gut.

So biege ich hinter Lavamünd von der B80 ab und merke erst gar nicht, dass ich schon in den Westanstieg zur Soboth hineinfahre. Erst als wir an der Unfallstelle von vor drei Wochen vorbeikommen (Bei der Streckenbesichtigung ist ein Fahrer vom Traktor erfasst worden) ist mir klar, dass die Crew erst oben wechselt.

Na dann mal schauen wie hart der Anstieg wirklich ist.

Lange brauche ich auf die Antwort nicht zu warten…

Sofort nach oben erwähnter Unfallstelle zieht die Steigung an und nach der ersten Kurve bleibt sie erst mal bei knapp 10% ich muss ganz schön ächzen, vor allem habe ich jetzt so ca. 100 Kilometer vor Ende, oder drastischer formuliert nach ca. 900 Kilometern des Rennens, nichts mehr drauf. Ich muss ein riesiges Defizit in meiner Energiebilanz haben, mehr als etwas G1-Bereich, mit viel Willen auch mal etwas mehr, ist schlicht nicht mehr drin.

Das reicht bei meinem Gewicht nicht wirklich für eine halbwegs solide Trittfrequenz in einer 9 oder 10% Steigung, es reicht aber erst recht nicht für das was nach der nächsten Kurve kommt. Jetzt zieht die Steigung nämlich auf 12, 13 ja 15% an und bleibt in diesem Bereich.

Ich kriege jetzt gerade noch die Kurbel rum. Dabei fange ich an zu fluchen, wie kann man uns so ein Miststück hier zum Schluss vor die Nase stellen. Ich bin wirklich sauer auf den Streckengestalter. Der hat wirklich Glück, das er jetzt nicht hier ist.

Mit einer Geschwindigkeit um 4 km/h kämpfe ich mich den Berg hoch. Mal sind es 3,5 mal sind es 4,9 km/h. Erniedrigend sich sowas antun zu müssen. Wut steigt in mir auf. Ich hasse diesen Drecksberg.

Da ich so unglaublich langsam fahre hört er natürlich nicht auf. Es gibt zunächst keine Serpentinen, die Straße läuft in einem weiten Rechtsbogen, ich kann voraus sehen, dass das Ding einfach steil bleibt.

Ich kann gar nicht glauben, dass die Steigung einfach nicht nachlassen will. Wer baut denn so eine Straße? Ich muss laut schreien. Das ich jetzt gerade meinen Knien nichts gutes tue hätte ich auch gewusst ohne das sie sich melden. Meine Wut steigt, ich mache Sport ja nicht aus dem Wunsch nach Selbstverletzung. Ich bin tierisch sauer.

Dann kommt tatsächlich eine Serpentine, aber hier gibt es mitnichten die Chance auf Erholung, in der Kehre hat es ca. 12% Steigung.

Das Followcar fährt momentan nicht mehr direkt um mich herum, und zwar nicht, weil es schon nach 5:30 Uhr ist, sondern weil das Getriebe sich mit dumpfen Schlägen bemerkbar macht die mir, vorher fahrend, aufgefallen sind. Offensichtlich war es für das Auto zuviel. Gerd versucht mit längerem Vorfahren und dann Zurückbleiben das Auto irgendwie möglichst schonend da hoch zu bringen.

Hoffentlich hält das Followcar durch. Ob ich durchhalte weiß ich nicht. Wenn ich jetzt anhalte ist alles vorbei, andererseits ist das sowieso mehr Anhalten als Fahren was ich hier mache.

Nach zwei weiteren Kurven flacht es tatsächlich mal etwas ab. Na vielleicht habe ich es bald geschafft und das Ganze ist doch nicht so schlimm?

Falsch völlig falsch, die Steigung zieht wieder an und bleibt steil. In unentschlossenen Kurven die praktisch nie zur Serpentine werden zieht sich die Straße 11 bis 15% steil nach oben. Ohne Ende, ohne jegliches Ende.

Zwischendurch flippe ich immer mal wieder aus und schreie meinen Hass auf die Straße und meine Wut auf die Streckenführung heraus. Aber die Straße bleibt. Ich ochse mich im Wiegetritt halbe Kurbelumdrehung um halbe Kurbelumdrehung nach oben. Aber es hört nicht auf. Ich will nur nicht absteigen, irgendwie weiter. Und wieder muss ich schreien.

Es kommt tatsächlich sowas wie eine Serpentine, aber an der Steigung ändert sich nichts, gar nichts. Elend lang zieht sich die Steigung nun vor mir, macht noch zweimal einen leichten Knick, dann geht‘s wieder lange gerade steil berghoch, sehr steil berghoch.

So langsam bin ich am verzweifeln, hört der verdammte Berg denn nie auf? Zum ersten mal scheint meine Theorie, dass jede Steigung irgendwann aufhört nicht zu stimmen. Man kann doch eine Straße nicht über so viele Kilometer so steil bauen? Warum zum Teufel sollte man das tun?

Nach der nächsten Kurve geht es genauso weiter. Und nicht nur das, jetzt zieht die Steigung erstmals sogar über 15% an. Und sie zieht sich elendig weiter und weiter und weiter. Ich schreie wieder, macht keinen Sinn, aber ist das einzige was ich machen kann außer absteigen und absteigen werde ich nicht.

Ich schleppe mich die unendliche Gerade bis zur nächsten Kurve, dann die nächste Kehre und hier gibt es scheinbar etwas Entlastung, 7%, 9% was für eine Erholung. Aber dann zieht die Steigung auch wieder an. Das gibt‘s doch nicht, die Straße MUSS doch irgendwann aufhören, es kann doch höchstens noch eine oder zwei Kurven sein?!

Aber gnadenlos zieht die Strecke weiter. Und weiter, wieder zwei Kurven, ein Hauch von Entlastung 9% für ein paar Meter dann zieht das Ding wieder an auf 15%.

Ich hatte mir ja viel vorgestellt, aber das nicht. Das ist die Radfahrerhölle, genauso ist die Radfahrerhölle.

Diese lange, steile, eine Linkskurve nur andeutende Gerade killt mich jetzt. Es gibt nichts mehr zu schreien, nur noch auf dem Fahrrad bleiben und vorwärtskommen, voller Wut leiere ich mich weiter. Aber da stehen sie. Tatsächlich da steht die komplette Crew, die Followcarbesatzung tauscht. Ich habe nur noch wenige Meter bis ich oben bin.

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Ich freue mich überhaupt nicht, ich bin nur wütend, ich schimpfe und drohe dem „Streckenkompositeur“ körperliche Gewalt an. Was für eine verdammte sinnlose, unnötige Steigung. Dann will ich nur schnell auf‘s andere Rad und in die Abfahrt.

Endlich wieder halbwegs vernünftig fahren. Meine Knie schmerzen böse, was für eine Tortur. Ich brauche praktisch die gesamte Abfahrt, die ja auch einige Gegenanstiege hat um mich wieder zu beruhigen und wieder klar im Kopf zu werden, die Knie wieder in einen normalen Bereich zu fahren, wieder in einen ordentlichen Rhythmus zu kommen.

Oben hat mir das Team gesagt, dass ich auf dem 5. Platz liegen würde, was ich für völlig ausgeschlossen halte. Dafür ging es mir zu schlecht, dafür habe ich VIEL zu wenig gegessen, und dafür habe bin ich einfach zu erbärmlich die Anstiege hochgekrochen.

Andererseits bin ich in Kehlheim letztes Jahr 6. geworden obwohl es mir da auch schlecht ging und ich so Probleme hatte, dass ich eine halbe Stunde pausiert habe.

Anyway, was kümmert‘s mich, ich will einfach nur einen guten Rhythmus fahren und ankommen. Ich weiß ja nicht was Jacob Zurl und Co sich da noch ausgedacht haben, vielleicht kommt noch was fieses. Keine Ahnung was z.B. der Kranachberg für eine Steigung ist.

Etwas weniger als 100 Kilometer sind noch zu fahren, auf dem Roubaix SL4, auf das ich jetzt wieder gewechselt habe, fühle ich mich sehr wohl, ich kann wieder rollen. Das Followcar ist auch in der Nähe, auch wenn wir nicht unbedingt immer Direct Follow machen, das Auto wird wohl durchhalten.

So fahre ich eine ganze Weile, als mich ein Fahrer überholt. Ich lasse ihn vorbeifahren versuche dann aber den Abstand konstant zu halten. Ich muss etwas mehr Druck machen als mir lieb ist, er scheint noch stärker zu sein als ich.

Dennoch gelingt es mir dranzubleiben, wenn auch mit respektablem Abstand. Da biegt er plötzlich links ab. Ich bin ganz unsicher und wäre ihm fast gefolgt, denn sein Followcar fährt auch hinterher, mein Garmin zeigt aber gar keinen Abzweig und meldet auch keine Streckenabweichung als ich geradeaus weiterfahre. Verunsichert frage ich bei Katrin und Oli nach, wir sind aber auf der richtigen Strecke.

Ich fahre weiter und versuche das eben gefahrene Tempo zu halten. Die Kilometer fließen dahin, allerdings eine Spur langsamer als mir lieb wäre. Die Temperaturen sind jetzt wieder angenehm warm, aber für einen Klamottenwechsel ist jetzt natürlich keine Zeit mehr.

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Dann erreichen wir wirklich Kranachberg, der sich als harmloser kleiner Anstieg erweist. Kurz nach der Meldestelle kommt der Fahrer von vorhin wieder und überholt mich erneut. Wenn er mich zweimal überholt scheint er doch jetzt deutlich stärker zu sein. Trotzdem versuche ich erneut im Respektabstand dranzubleiben und dagegenzuhalten, zu leicht will ich es ihm ja nicht machen, er soll schon immer noch den Druck spüren, wenn er schwächelt, dann will ich da sein und ihn wieder einholen.

Das ist allerdings durchaus anstrengend, denn allzuviel habe ich nicht mehr drin. Auch machen sich alle meine orthopädischen Schwachstellen bemerkbar, so dass ich wirklich die Kilometer herunterzähle, ich muss überhaupt erst mal ankommen.

Nun wird es richtig flach und Graz ist bereits ausgeschildert. Allerdings setzt das keine zusätzlichen Kräfte frei, ich versuche nur durchzukommen. Der andere Fahrer ist außer Sichtweite, ich muss dosieren, wenn ich jetzt überziehe schaffe ich es vielleicht nicht anzukommen.

Kurz gibt es nochmal etwas Verwirrung über die Restkilometer, aber das klärt sich schnell und meine ursprüngliche Annahme stimmt. Zwischenzeitlich sind es noch 30 Kilometer, der Verkehr nimmt deutlich zu. Die Temperatur auch. Meine Leistung will dagegen abnehmen, ich halte dagegen, auch wenn das Knie grummelt.

Noch zwanzig Kilometer. Bis hierhin war ich noch misstrauisch was die Streckenführung betrifft, jetzt glaube ich auch nicht mehr, dass noch was hinterhältiges wie ein unvermittelter 18% Anstieg oder was ähnliches kommt.

Ich rolle weiter vor mich hin, mir ist jetzt sehr warm. Noch zehn Kilometer, der Verkehr ist jetzt richtig dicht. Ganz gut, dass das Followcar mich das ein oder andere mal beschützt. Jetzt kann ich die letzten Kilometer runterzählen.

Die Navigation wird nochmal etwas komplizierter aber funktioniert alles, dann ist auch schon endlich das Center West ausgeschildert. Wir fahren auf den verwirrenden Kreisel mit der Doppelbrücke zu, ich kann auf dem Garmin nicht erkennen wo ich genau lang fahren muss, Funkkontakt habe ich ja nicht.

Den ersten Teil treffe ich noch richtig, aber dann fahre ich an der Einfahrt vorbei. Verdammt, am Schluss nochmal verfahren. Es ist viel Verkehr, ich muss im Riesenkreisel noch eine Runde drehen und dabei nochmal stehenbleiben weil andere Vorfahrt haben.

Dann treffe ich aber die richtige Ausfahrt gebe nochmal Gas und um ein paar Ecken herum ist dann auch das Ziel. Geschafft. Ich müsste ein ganzes Stück unter 45 Stunden geblieben sein, sensationell. Ich bin stolz auf mein Team, dass mich sicher durchgebracht hat.

Das Absteigen vom Rad fällt nicht so richtig leicht, kurz vor mir sind noch weitere Fahrer reingekommen, ich hatte die Positionen überhaupt nicht im Blick, aber wir sind tatsächlich 5. gewordern.

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Nachdem wir die Fotos auf dem Finisherpodest gemacht haben und Jacob im Kurzinterview von mir die Antwort bekommt, die er bestimmt nicht hören will, nämlich dass ich den Glocknerman auf keinen Fall nochmal fahren will (der weiß ja nicht, dass ich das praktisch jedesmal sage wenn ich mich so elend gequält habe…), können wir uns endlich ums Hotel kümmern und zusehen, dass wir noch etwas Schlaf bekommen bevor es Abends zur Finisherparty geht.

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