Dienstag 16.06.2009
Wetter: sonnig um 21°
Tageskilometer: 119
Gesamt zurückgelegte Kilometer: 6541
Tages-Fahrzeit :5:07 h
Gesamte Fahrzeit: 325:31 h
Durchschnittsgeschwindigkeit: 23,2 km/h
Tageshöhenmeter: 1011
Gesamt Höhenmeter: 69673
Maximale Steigung 9%
Maximalpuls: 170
Durschnittliche Pulsfrequenz: 144
Heute morgen gibt es keinen Grund früh loszufahren, denn das erste Ziel ist Warwick Castle, und die Castles machen sowieso immer erst um zehn auf. Nachdem ich mich gestern kaum entschließen konnte, zum Schlafen die Augen zu zu machen, da ich vom Bett aus so einen schönen Blick auf die Lichter von Birmingham hatte, frühstücke ich heute im Zimmer , um den Blick auch morgens nochmal zu genießen.
Bis Warwick sind es doch über vierzig Kilometer, da hatte ich mich irgendwie verschätzt. Obwohl es über zwanzig Grad sind bin ich am Frieren. Im Wind ist es natürlich etwas kühler, aber in den letzten beiden Tagen, habe ich schon ständig gefroren oder geschwitzt, anscheinend habe ich mir zum Ende der Reise nochmal eine Infektion eingefangen. Auch der Puls ist ca. 15 Schläge zu hoch, typischer Indikator. Naja.
Vor dem Eintrittspreis von Warwick Castle hatte mich schon ein Taxifahrer gewarnt. 17,95 Pfund. Der Castlebesuch ist als „Experience“ für Familien konzipiert, d.h. ordentlich Firlefanz, aber selbst das Bogenschießen kostet extra, also mit zwei Kindern musst du schon einen ganzen Tag hier verbringen. So ist es auch gedacht. Ist nun gerade nicht mein Plan. Interessantenerweise ist alles was so drumherum aufgebaut ist, mit Bezug zum Mittelalter, das Castle in seiner jetzigen Form ist aber aus dem 18. Jh., naja wenigstens die Festungsmauern gehen auf das 14. Jh. zurück, dann passt es doch wieder, irgendwie so ein bisschen…
Interessant ist auch, dass die Räume die man besichtigen kann, mit Wachsfiguren bestückt sind, die die Funktionen der Räume deutlich machen, und dabei auch den einen oder anderen Bewohner verewigen.
Interessant ist weiterhin, was meine Knie zu der Towertour mit 533 Stufen sagen. Kurze Diskussion, das wars dann aber schon, insgesamt hatte ich auf der ganzen Tour bis jetzt keine nennenswerten Probleme, sehr erfreulich.
Von Warwick geht es nach Stratford, hier gibt es nur ein Thema, Shakespeare. Ich schaue mir Anne Hathaways Cottage an, und natürlich das Geburtshaus von Shakespeare, sowie seine Grabstätte in der Holy Trinity Church.
Auch hier gibt’s „Experience“, wo es keiner braucht, es gibt keine Möglichkeit zu fliehen, die Türen gehen automatisch auf, wenn man weitergehen soll, muss, darf…
Allerdings ist Stratford angeblich nach London das zweit beliebteste touristische Ziel in UK, ich glaube sowas auch schon an anderen Orten gehört zu haben. Es macht aber sicher Sinn die Touristenströme professionell leiten.
Eigentlich hatte ich geplant hier zu mittag zu essen, aber irgendwie geht’s nicht. In Warwick im Castle konnte ich schon nichts essen, da habe ich noch geglaubt, es liegt an dem fast gefrorenen, vertrockneten Ding, das ein Scone sein sollte. Aber jetzt wird mir schon beim Gedanken an Essen schlecht, obwohl ich Hunger habe. Na egal, die Beine funktionieren trotzdem ausgezeichnet, ziemlich lange steht der Schnitt bei über 25 km/h obwohl ich gar keinen Rückenwind habe.
Ich hätte gerne noch das Heritage Motormuseum in Gaydon besucht, aber das ist natürlich nicht ausgeschildert, und der Weg dorthin will sich durch die Schilder nicht ganz erschließen, da die Orte die auf meiner Karte sind, nicht auf den Schildern auftauchen, und die Orte auf den Schildern nicht auf meiner Karte.
Außerdem muss ich einsehen, dass ich nach fünf dort ankommen würde, also wahrscheinlich den letzten Einlass verpasse. Eine Nacht ist mir das nicht Wert, so fahre ich wieder ein Stück zurück und komme dann auch auf die schönere Route Richtung Oxford. Die Cotswolds hatte ich ja schon mal gestreift, jetzt kann ich ein Stückchen hindurch fahren, die Straßenführung ist gemäßigt englisch, teils überraschend „vernünftig“. Es bleibt auch bei einstelligen Steigungsprozenten.
Mittlerweile nimmt der Hunger zu, aber der latente Drang sich zu übergeben nimmt so konkrete Formen an, dass ich gar nicht nach Pubs Auschau halte und die Kekse die ich noch habe ignoriere. Als ich gerade eine psychologische Theorie über Schlussetappen entwickle um mich abzulenken, überfahre ich fast ein Eichhörnchen. Oje, der kleine Kerl sitzt direkt am Straßenrand und erschreckt sich sehr, als ich vorbei fahre. Statt wie die ganzen Minihäschen die hier immer davon sprinten, in Richtung Wald zu flitzen, läuft er auf die Straße, genau vor mein Vorderrad. Zum Glück fahre ich bergauf und habe nur so gut 18 km/h drauf, die er gerade so für ein zwei Meter hinkriegt, bevor er auf die andere Fahrbahn flieht. Da auch dort kein Auto ist, hat er wirklich Glück. Ich bin so überrascht von der Aktion, dass ich bergab, sprich bei höherem Tempor wahrscheinlich drüber gefahren wäre. Also mit der Technik kommst du nicht weit kleiner, dass sage ich dir
Ich halte dann doch an einem Pub, Tee geht immer, und hilft gegen das Frieren. Außerdem versuche ich mir zwei Miniflapjacks einzuverleiben. Einen kriege ich hin. Also ein bisschen Energie gibt’s dann doch, dass muss für die nächsten Kilometer reichen. Ich würde gerne Flüssignahrung zu mir nehmen, aber wo kriege ich jetzt einen Proteinshake her?
Bis Oxford werde ich heute nicht durchziehen, denn dass macht eh keinen Sinn und die Übernachtungen dort sind möglicherweise unnütz teuer. Ich beschließe bis Woodstock zu fahren, das klingt irgendwie gut, und ist so gut 10 Meilen vor Oxford.
Die Cotswolds sind ganz nett, nicht spektakulär, von Ackerbau und Wald geprägte Hügel, und dank des recht schönen Wetters, recht idyllisch.
Als an der Straße ein Tante Emma Laden auftaucht kommt mir die rettende Idee, Ich probiere es mit einer Mischung aus Orangensaft und Bananenmilch, und das Ganze erweist sich als perfekte Mahlzeit.
Das Essensproblem ist also gelöst, und so gehen die letzten Kilometer auch ganz gut. Die Beine waren sowieso Ok. Mir ist auch nicht mehr schlecht.
Ich werde heute trotzdem früh ins Bett gehen um nicht für die letzten paar hundert Kilometer nochmal dumm krank zu werden.
Die Stratford – Oxford Etappe ist, wie gestern schon beschrieben, eine ganz besondere. Denn wenn es eng wurde, habe ich mir vorgestellt, wie ich bei schönem Wetter, manchmal am Kanal entlang, in recht flachem Gelände Richtung Oxford radele, und kurz vorher in einem Pub mit angeschlossenem „amerikanischem“ Motel übernachte.
Genau diesen Pub sehe ich kurz vor Woodstock! Ich lasse mir das Zimmer erst zeigen bevor ich einchecke, und es ist tatsächlich, wie bei Motels in amerikanischen Filmen, von außen über eine Treppe zu erreichen. Wie gut.
Die Preise hier sind südenglisch, allerdings ist es nicht nur das angeblich letzte Zimmer, sondern auch genau so wie ich mir das vorgestellt hatte während ich in Irland gegen Wind und Regen gekämpft habe. Also keine Frage.
Nach zwanzig Minuten richtig heiß duschen (was in England kein Problem ist;) versuche ich im Pub was Richtiges zu essen, und entscheide mich für mashed potato statt new, und hoffe, dass die Lammkeule einigermaßen zart ist, und das Gemüse ordentlich zerkocht… Geht so, aber alles geht rein. Na also.
Francois 17. Juni 2009
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Francois 17. Juni 2009
Fünf neue Updates auf einmal, die nächsten Nächte sind gerettet!
Hallo Guido,
per Zufall stießen wir vor wenigen Wochen auf deinen Great Britain-Blog, da wir kommendes Wochenende ebenfalls auf die Insel reisen und uns einfach mal ein wenig einstimmen wollten. Seitdem lesen wir jeden Abend deine interessanten Reiseberichte, auch die aus Skandinavien. Wie es scheint, hast du einen ähnlichen Geschmack was Sights und tolle Routen angeht. Den Mut, das Ganze auf dem Fahrrad zu unternehmen haben wir allerdings nicht. Dennoch leiden wir mit dir, wenn mal wieder „englische Straßenführung“ angesagt ist.
Anyway: Wenn du magst, schicken wir dir den Link zu unserem Blog.
Gute Fahrt und viele Grüße aus Essen,
Yvonne und Francois
Guido 19. Juni 2009
Hallo Yvonne und Francois,
dann startet ihr ja genau dann, wenn meine Reise endet 🙂
Ich wünsche euch eine genauso schöne Reise wie ich sie hatte bis jetzt, und natürlich schönes Wetter.
Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir den Link zu eurem Blog sendet (an gb-tour@gmx.de)
Herzliche Grüße aus Colchester
Guido